M100 Sanssouci Colloquium 2010 „Pressefreiheit in Europa“

Potsdam, 7. September 2010

 

 

Bereits zum 6. Mal fand in Potsdam das M100 Sanssouci Colloquium statt, zu dem jährlich die 80 bis 100 wichtigsten Chefredakteure und Meinungsmacher Europas eingeladen werden. Im engen Zirkel und im edlen historischen Ambiente der Potsdamer Schlösser und Gärten sollen dabei gesellschaftliche und medienpolitische Fragen diskutiert werden. Eigentlich geht es dabei auch um das Gefühl „unter sich zu sein“. Die von Axel Springer jährlich ausgerichtete Tagung ist weniger den Trendsettern und Aktualitäten auf der Spur, sondern soll es einem ausgewählten Kreis von Chefredakteuren ermöglichen, Hintergrundgespräche zu führen und miteinander zu „socializen“. Das Panelprogramm wirkt dabei wie die Kulisse eines Filmes, der sich eigentlich woanders abspielt, nämlich unter anderem beim Gala-Dinner im Schloss Sanssouci, zu dem auch Bundeskanzlerin Angela Merkel gekommen war. Zuvor hatte sie die Hauptrede bei der Verleihung des „Preises der europäischen Presse“ an den dänischen Karikaturisten Kurt Westergaard gehalten, der für mit seinen Mohammed Karikaturen für Protest und Aufsehen in der islamischen und westlichen Welt gesorgt hatte. Westergaard, der nach der Veröffentlichung seiner Karikaturen in der dänischen Zeitung Jyllands Posten, Morddrohungen erhielt lebt heute immer noch unter Polizeischutz.

 


(Foto © Jörg Wagner)

 

Dieses Jahr stand die Konferenz unter dem übergeordneten Motto: „Pressefreiheit in Europa“. „Nicht nur in osteuropäischen Staaten sehen sich Journalisten zunehmend Druck und Zensur ausgesetzt, sondern auch in Westeuropa“, heißt es im offiziellen Einladungstext. Dies belege eine Studie der Organisation Freedom House.


Bei einem der Panels ging es daher auch um die Frage, welche Auswirkungen die Digitalisierung auf die Pressefreiheit hat. Im Zuge fehlender Businessmodelle für den Qualitätsjournalismus über digitale Verbreitungswege und weitere Medienkonzentration sei die Pressefreiheit auch in Westeuropa in Zukunft gefährdet, so die These. Befeuert wurde diese Annahme durch die Keynote von Mathias Döpfner, der in bekannter Manier die Gratiskultur im Internet beklagte. Doch richtig zustimmen wollten die Diskutanten auf dem Panel dieser Untergangsthese nicht, denn gleichzeitig befördere die digitale Revolution ein MEHR an Informationen, das es zuvor nie gegeben hat sowie Meinungen, die vorher nie die Möglichkeit hatten veröffentlicht zu werden. Ledigleich das Monopol der Informationsverbreitung sei gefallen, nicht die Informationsverbreitung an sich, so die Hauptargumentation.


11.30 – 13.00 Uhr
PANEL II
Anbruch einer neuen Wirtschaftsepoche – Bedroht die digitale Revolution die Pressefreiheit?

Welche Auswirkungen hat die Digitalisierung auf die Pressefreiheit?

Wie wirken sich wirtschaftliche Zwänge und Kostensenkungen auf die Qualität der Berichterstattung und die Pressefreiheit aus?
Welchen Einfluss haben technologische Gatekeeper auf die Pressefreiheit?
Wie wirkt sich die Monopolisierung der technischen Verbreitung auf die Pressefreiheit aus?
Bietet die Digitalisierung auch Möglichkeiten für mehr Pressefreiheit?

Impulsreferat: Mathias Döpfner (Axel Springer AG, D)
Impulsreferat: Daniel Schmitt (Wikileaks)

Panel:
Wolfgang Blau (Zeit Online, D), Mathias Döpfner (Axel Springer AG, D), Mathias Müller von Blumencron (Der Spiegel, D), Michael Rediske (Reporter ohne Grenzen, D), Philipp Schindler (Google Europe), Daniel Schmitt (Wikileaks), Paul Steiger (ProPublica, USA), Mark Thompson (Thomson Reuters, UK),  Moderation: Christoph Lanz (DW-TV, D)

 

Zum Nachhören des gesamten Panels:

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15.00 – 16.30 Uhr
PANEL III
Licht und Schatten der Justiz: Legislative, die Gerichtsbarkeit und die Auswirkungen für die Medien

Welche Auswirkungen haben die aktuellen Interpretationen von Persönlichkeitsrechten und Privatsphäre auf die Freiheit und den Informationsauftrag der Presse?
Welche Bedeutung hat der Umgang staatlicher Stellen mit Informations- und Auskunftsrechten?
Wann und wo können Werbeverbote, die Verweigerung des Auskunftsrechts und andere Verbotsregelungen gerechtfertigt sein – und welche Gefahr für die Medien geht von ihnen aus?

Keynote:
John Witherow (The Sunday Times, UK)

Panel:
Grzegorz Jankowski (Fakt, PL), Roger Köppel (Weltwoche, CH), Morgan Olofsson (SVT, S), Matthias Prinz (Prinz Neidhardt Engelschall, D), Dan Turturica (Romania Libera, RO), John Witherow (The Sunday Times, UK), Moderation: Stephan Detjen (Deutschlandfunk, D)

 

Zum Nachhören des gesamten Panels:

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Nach der Verleihung des M100 Medienpreises:

(Foto © Jörg Wagner)

Der dänische Karikaturist und M100-Medienpreisträger Kurt Westergaard im Gespräch mit Medienjournalistin Eleni Klotsikas

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Fazit:
Wissenswert: **
Unterhaltungswert: ***
Kontaktwert: *****
Ambiente: *****

 

Berichterstattung dazu auch im Radioeins-Medienmagazin vom 11.09.2010

http://www.wwwagner.tv/

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Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
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Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)