Berlin, 03.03.2010
Der deutsche Zeitungsmarkt ist der größte Europas. Damit dies auch so bleibt, müssen Verleger für ihren Lesenachwuchs sorgen, denn Studien belegen: das Zeitungslesen fängt schon im Kindes- und Jugendalter an. Wer als Kind oder Jungendlicher regelmäßig in einer Zeitung blättert, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit auch als Erwachsener eine Zeitung kaufen. Umgekehrt werden Erwachsene, die im Kindesalter nie in Berührung mit diesem Medium gekommen sind, auch nicht das Bedürfnis verspüren, sich Informationen aus der Zeitung zu beschaffen. Mit Zeitungsprojekten in der Schule, Kinderseiten im Blatt oder eigenen Zeitschriften für Kinder versuchen Verlage heute schon ihre Leser von Morgen zu gewinnen. Ein richtiger Markt für Kinder- und Jugendmedien ist entstanden. Grund genug für den Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) sich diesem Thema mit einer eigenen Konferenz, inzwischen die fünfte, zu widmen. Die Teilnahme an der Veranstaltung war ausschließlich BDZV-Mitgliedern vorbehalten und sollte den Charakter einer Klausurtagung haben.
In einzelnen Vorträgen wurden Erfolgsbeispiele für Kinder- und Jugendmedien präsentiert. Wie man zum Beispiel eine Zeitung macht, die sowohl für junge Leser attraktiv ist, ohne dabei die (ältere) Stammleserschaft zu vergraulen, erklärte Grzegorz Piechota von der polnischen Tageszeitung Gazeta Wyborcza. Die Hälfte ihrer Leser ist unter 34 Jahre alt und damit im Durchschnitt jünger, als die Zuschauerschaft polnischer Fernsehsender. Der Grund liege nicht nur im modernen Layout und in der Themenauswahl der Zeitung, sondern auch an einer besonderen journalistischen Haltung, so Piechota. Journalisten seiner Zeitung verstünden sich nicht nur als distanzierte Beobachter, die das Zeitgeschehen mit einem gewissen Zynismus kommentieren, so wie es andere etablierte Zeitungen tun würden. Die Gazeta Wyborcza nimmt zu umstrittenen Themen eine kämpferische Haltung ein und greift auch selbst ins politische Geschehen ein, indem sie beispielweise zu Demonstrationen aufruft, Unterschriften sammelt, Diskussionsrunden veranstaltet. Diese Art von Kampagnenjournalismus kommt bei jungen Lesern gut an. Diese wollen sich einmischen und sich gegen Ungerechtigkeiten wehren. Die Gazeta Wyborcza biete ihnen eine Möglichkeit und Plattform, sich politisch zu engagieren. Ein Bespiel war die Kampagne der Zeitung gegen Regierungspläne, eine Autobahn zu bauen, die durch ein Naturschutzgebiet führte. Mehr dazu im Interview mit Grzegorz Piechota:
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Grzegorz Piechota, Redakteur für Spezialprojekte, Gazeta Wyborcza, Warschau
Deutsche Zeitungen setzen hingegen auf eigens für Kinder gestaltete Seiten, um den Lesenachwuchs von Morgen ans Lesen auf gedrucktem Papier zu gewöhnen. Inzwischen drucken laut Bundesverband der deutschen Zeitschriftenverleger zwei Drittel der deutschen Zeitungen in ihren Blättern Seiten für Kinder und Jugendliche. Auf diesen Trend hat sich auch die Nachrichtenagentur DPA eingerichtet und vor drei Jahren einen eigenen Kindernachrichtendienst ins Leben gerufen.
Es ist der erste multimediale Dienst, der nach Angaben von DPA bereits schwarze Zahlen schreibt. „Die Nachfrage nach Kindernachrichten ist gestiegen“, sagt Susan Schädlich zuständig für den Kindermediendienst von dpa. Kinder werden als Rezipienten heutzutage ernster genommen: Früher wären auf Zeitungsseiten für Kinder Comics oder Rätsel zu finden, heute seien es richtige journalistische Angebote. Dabei werde auch vor keinem Thema zurückgeschreckt. Mehr dazu im Interview mit Susan Schädlich:
Interview mit Susan Schädlich, Deutsche Presseagentur (dpa), Projektleitung Schule, Frankfurt
{accesstext mode=“level“ level=“author“} Um die Audio und Videodateien des Artikels abspielen zu können, müssen Sie sich anmelden. || >{mp3}Interview_DPA_Redakteurin{/mp3}< {/accesstext}
Um auch für jungen Zielgruppen attraktiv zu sein, hat sich die Neue Osnabrücker Zeitung beispielsweise in ein Social Network im Internet eingekauft und verarbeitet Themen, die dort von Jugendlichen besprochen werden in einem monatlichen Print-Magazin, sagt Paul Wehberg von der NOZ. Blu, das 32seitige Magazin im Tabloidformat, sei praktisch die Offline-Variante zur Online-Community Stay Blu, die in Osnabrück, OS-Community heiße, so Wehberg.
Die Texte für Blu werden von freiwilligen Userreportern aus dem Netzwerk geschrieben, die von einer Redaktion professionell betreut werden. Das Magazin habe den Charakter einer kostenlosen Schülerzeitung und ist bisher kein lukratives Geschäftsmodell. Dem Verlag geht es aber vor allem um eines: Die Zukunft der Zeitung zu sichern.
Dr. Rüdiger Schulz, zurständig für Gesellschaftsanalyse beim Institut für Demoskopie Allensbach
{accesstext mode=“level“ level=“author“} Um die Audio und Videodateien des Artikels abspielen zu können, müssen Sie sich anmelden. || >{mp3}Interview_Allensbach{/mp3}< {/accesstext}
Fazit:
Wissenswert: *****
Unterhaltungswert: ***
Kontaktwert: ***
Ambiente: **