Bundesverwaltungsgericht definiert Computer zum Rundfunkempfangsgerät

Bundesverwaltungsgericht Leipzig verschiebt Urteil zur PC-Gebühr um eine Woche, um dann die Sender in ihrer Auffassung sowie die Ministerpräsidenten nach ihrer Jahreskonferenz in ihrem neuen Rundfunkbeitragsmodell zu bestätigen.

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig wolle am 20. Oktober darüber entscheiden, ob für die Nutzung eines Internet-PCs Rundfunkgebühren zu bezahlen sind, meldet die FUNKKORRESPONDENZ vor 11 Wochen. Für den 20. Oktober sei die mündliche Verhandlung angesetzt, ein Urteil solle im Anschluss gesprochen werden.

Am 21. Oktober trafen sich jedoch die Ministerpräsidenten in Magdeburg, um das neue Gebührenmodell zu diskutieren und zu entscheiden. Und so zog das Gericht es vor, die Urteilsverkündung um eine Woche zu verschieben.

„Computer sind weiterhin rundfunkgebührenpflichtig, unabhängig von Verwendungs- und Nutzungsabsicht ihrer Besitzer“, schreibtDIE WELT. Der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts zu Leipzig „hat die Revisionen von drei Klägern, einem Anwalt und zwei Studenten gegen abschlägige Urteile der Vorinstanzen zurückgewiesen“, schildert Spiegel Online.

„Die Rundfunkanstalten halten die Besitzer von internetfähigen PC für gebührenpflichtig, weil sich mit diesen Geräten Sendungen empfangen lassen, die mit sog. Livestream in das Internet eingespeist werden“, stellt der Senat fest. Allerdings wird dieser Livestream von den Sendern eingestellt und unverschlüsselt angeboten, so dass ein Zugriff für jeden Besitzer eines internettauglichen PC erst möglich ist. Darauf gehen die Richter jedoch nicht ein. Stattdessen definieren sie den internetfähigen PC zum Rundfunkempfangsgerät im Sinne des Rundfunkgebührenstaatsvertrages. Damit gilt für den PC das, was auch für ein Fernseher gilt. „Bei internetfähigen PC handelt es sich um Rundfunkempfangsgeräte i.S.d. Rundfunkgebührenstaatsvertrags. Für die Gebührenpflicht kommt es nach dessen Regelungen lediglich darauf an, ob die Geräte zum Empfang bereit gehalten werden, nicht aber darauf, ob der Inhaber tatsächlich Radio- bzw. Fernsehsendungen mit dem Rechner empfängt. Ebenso wenig ist es erheblich, ob der PC mit dem Internet verbunden ist, wenn er technisch nur überhaupt dazu in der Lage ist.“

Auch wenn damit in die Grundrechte der Kläger eingegriffen wird, die den PC nur aus beruflichen bzw. Informatorischen Gründen nutzen, sei dies gerechtfertigt. „Dieser Eingriff ist jedoch gerechtfertigt durch die – ebenfalls verfassungsrechtlich begründete – Finanzierungsfunktion der Rundfunkgebühren für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten.“ Allerdings ist die Finanzierung von ARD, ZDF und Deutschlandradio garantiert. Während im privaten Bereich ca. 150.000 „PC-Zahler“ angemeldet sind, kommt man auf fast 33 Mio. Rundfunkgebührenzahler, die die volle Gebühr von 17,98 Euro im Monat zahlen. Aus finanzieller Sicht macht es also keinen Sinn, die wenigen PC-Nutzer, die keinen Rundfunk empfangen wollen, zur Gebührenkasse zu bitten. Bisher war auch kein Trend zu erkennen, dass Gebührenzahler über den Verweis auf ihren PC versucht haben, ihre Gebührenzahlungen zu reduzieren. Denn schließlich hätte man in den letzten Jahren so seine monatlichen Zahlungen von 17,98 Euro auf 5,76 Euro reduzieren können. Dies ist anscheinend nicht massenhaft geschehen.

Sicher kann man auf die Gebührengerechtigkeit verweisen. „Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verlangt für das Abgabenrecht, dass die Gebührenpflichtigen durch ein Gebührengesetz rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden. Wird die Gleichheit im Belastungserfolg durch die rechtliche Gestaltung des Erhebungsverfahrens prinzipiell verfehlt, kann dies die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Gebührengrundlage nach sich ziehen.“ Allerdings ist es im Internet ein leichtes, seine Angebote nur denjenigen zur Verfügung zu stellen, die dafür auch bezahlen bzw. bezahlt haben. Doch diesen Weg wollen ARD und ZDF nicht gehen. Sie wollen so wie auch auf anderen Verbreitungswegen frei empfangbar sein. Schließlich garantiert ihnen dies, dass in Zukunft alle bezahlen müssen. Damit können sie letztmalig den Gebührenzahlerkreis erweitern. Die entscheidenden Schritte dafür sind sie in der Vergangenheit gegangen. Zum einen bieten sie über viele der neuen Verbreitungswege ihre Programme an, wodurch zum anderen viele Geräte – unabhängig von deren Nutzung – zu Rundfunkempfangsgeräten definiert werden können. Sie bieten sich frei feil, sie bieten sich sie frei an und präsentieren die Rechnung im Nachhinein. Schließlich konnten sie davon ausgehen, dass ihnen die obersten deutsche Gerichte im Nachhinein beispringen. Das liest sich dann so: „Der Gleichbehandlungsgrundsatz wird vom Rundfunkgebührenstaatsvertrag ebenfalls nicht verletzt. Zwar werden insofern ungleiche Sachverhalte gleich behandelt, als die herkömmlichen monofunktionalen Rundfunkempfangsgeräte mit den multifunktionalen internetfähigen PC gebührenrechtlich gleich behandelt werden. Entscheidend für die Gebührenerhebung ist jedoch nicht die technische Unterschiedlichkeit der Empfangsgeräte, sondern die gleiche Möglichkeit zum Empfang von Rundfunksendungen durch diese verschiedenartigen Geräte.“ Wer so argumentiert, wer also auf die Möglichkeit des Empfangs abstellt, braucht sich mit den realen Problemen und Grenzen nicht zu beschäftigen. Schließlich halten die Sender weder genug Kapazitäten vor, noch ist das „deutsche“ Internet „breit“ genug, um allen Gebührenzahlern gleichzeitig den Empfang eines Livestreams zu ermöglichen. Dies zeigte sich nicht zuletzt zur Fußball-WM. Im Internet gibt es eben noch keine Versorgungssicherheit. Um so mehr Leute die Angebote nutzen, um so unsicherer wird die Versorgung.

Das Gericht verweist zudem auf den Gleichheitssatz aus dem Grundgesetz, aus dessen Art. 3 Abs. 1 für das Abgabenrecht abgeleitet werden kann, „dass die Gebührenpflichtigen durch ein Gebührengesetz rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden. Wird die Gleichheit im Belastungserfolg durch die rechtliche Gestaltung des Erhebungsverfahrens prinzipiell verfehlt, kann dies die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Gebührengrundlage nach sich ziehen.“ Allerdings ist es nicht allein vom Erhebungsverfahren abhängig, ob die Gerechtigkeit durchgesetzt werden kann. Es ist auch eine Frage des Angebots. Schließlich wäre im Falle einer Verschlüsselung weitestgehend garantiert, dass nur Gebührenzahler die Angebote im Netz sowie auf mobilen Endgeräten auch nutzen können. (Dass es anders geht, zeigen andere Sender wie der ORF oder die SRG, die ihre Angebote auch verschlüsseln.) Der freie terrestrische Empfang sowie über Kabel würde dadurch nicht eingeschränkt.

Das Gericht stellt fest: „Die Rundfunkanstalten können an der Gebührenpflichtigkeit von internetfähigen PC daher auf Dauer nur festhalten, wenn diese sich auch tatsächlich durchsetzen lässt. Insoweit wird der Gesetzgeber die Entwicklung zu beobachten haben.“ Nun, der Gesetzgeber hat nicht nur beobachtet, er hat auch schon die Schlussfolgerungen gezogen. In Zukunft müssen alle bezahlen. Zugespitzt: Bisher musste man zahlen, wenn man ein Gerät hatte, das Rundfunk empfangen konnte. Ab dem 1. Januar 2013 muss man zahlen, weil man existiert.

Ulrich Clauß schreibt in der WELT: „Dieses Urteil war allgemein erwartet worden, die Leipziger Richter konnten gar nicht anders. Alles andere hätte das deutsche Rundfunkgebührenmodell in den Grundfesten erschüttert.“ Und Michael Hanfeld konstatiert in der FAZ: „Niemals werden ARD und ZDF weniger haben denn jetzt, weil sie ihren „Finanzbedarf“ nur anmelden müssen, um an mehr Geld zu kommen. Diesen Bedarf prüft eine unabhängige Kommission (Kef) zwar, doch ist in diesem System schlicht nicht vorgesehen, dass es Stagnation oder sogar einmal weniger geben könnte. Die Bevölkerung mag schrumpfen, der Anteil der Erwerbstätigen nicht weiter wachsen, der Beitrag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk aber steigt und steigt.“

Und wie reagieren ARD und ZDF: Der Vorsitzende der ARD, SWR-Intendant Peter Boudgoust, erklärte: „Die Rundfunkanstalten sehen sich in ihrer Rechtsauffassung bestätigt, dass die derzeit bestehende gesetzliche Regelung rechtmäßig ist.“ ZDF-Intendant Markus Schächter fordert mit Blick auf die Zukunft: „Um Streitigkeiten dieser Art künftig aber ganz zu vermeiden, ist es wichtig, dass die von den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten geplante Reform der Rundfunkfinanzierung ab Januar 2013 umgesetzt wird.“

Das neue Modell wird rechtmäßig sein. Es wird dafür sorgen, dass Streitigkeiten dieser Art weiterhin zu Gunsten von ARD und ZDF gelöst werden. Es wird aber auch die Legitimation von ARD und ZDF in Frage stellen: Wieso muss man für Rundfunk bezahlen, auch wenn man ihn nicht nutzt? Wieso sollen die Einnahmen von ARD und ZDF weiter steigen, obwohl immer weniger diese Programme nutzen? Insoweit sollten die Sender das Urteil nicht nur als Freibrief sehen und nehmen. Wenn sie von allen Geld wollen, müssen sie auch allen etwas bieten. Doch wieso spielen der lange Dokumentarfilm, der Animationsfilm (für Erwachsene) sowie der Kurzfilm – um nur drei Beispiele zu nennen – in ihren Leitlinien keine Rolle?    

Das Bundesverwaltungsgericht hat drei Fälle entschieden. Es konnte sich auch nur zu den vorliegenden äußern. Doch was wird im Falle eines Optikunternehmens, dass vor dem Gießener Verwaltungsgericht gegen die Gebühr geklagt hatte? Das Unternehmen sollte dafür, dass es, wie die Süddeutsche Zeitung schilderte, in bundesweit 650 Filialen Computer geschäftlich nutzt, jährlich fast 45.000 Euro bezahlen. Und dies für eine Leistung, die nach Angaben des Anwalts nicht in Anspruch genommen wurde. Das Gießener Verwaltungsgericht gab dem Unternehmen damals Recht.

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Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
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