Als das Internet noch jung war, erließen die USA unter Präsident Clinton ein Gesetz zum Schutz digitaler Plattformen vor staatlicher Zensur. So erhielten die Betreiber alle Freiheiten – und tragen null Verantwortung. […]
Entscheidend ist Artikel 230 des US-Bundesgesetzes Communications Decency Act von 1996, der die Social-Media-Unternehmen nicht als Urheber oder Herausgeber der Online-Inhalte sieht. Wenn rechtswidrige Äußerungen gepostet werden, muss Twitter also nicht eingreifen, außer etwa bei klaren Verstößen gegen das Strafrecht. […]
Kurzum: Artikel 230 gewährt den großen Plattformen volle Freiheit für jegliche Art von redaktionellen „Moderationen“ und enthebt sie so der Verantwortung, die Medien – etwa Presseverlage – üblicherweise tragen. Er verpflichtet sie auch nicht zur Neutralität, zu denen bloße Telekommunikationsanbieter verpflichtet sind. Die Internetplattformen haben mithin das Recht, nicht aber die Pflicht, die auf ihnen verbreiteten Äußerungen zu moderieren.
Sébastien Broca, monde-diplomatique.de, 11.05.2023 (online)
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