Freundliche Spezialthemensendung oder Themenplacement bei Radio SAW?

In einer zweistündigen Sondersendung des Radiosenders SAW (7.9.2015, 20. Uhr) wurde über das Investitionsprogramm der Landesregierung mit dem Namen „Stark III“ berichtet und der Minister ínterviewt.  Kostenpunkt: 10.000 Euro für Werbespots,  „Stark III“ ist ein Topf mit EU-Geldern für die Sanierung von Kitas und Schulen, berichtet der MDR unter Bezug auf die Magdeburger Volksstimme. Die Summe sei  laut Finanzministerium zur Produktion von Werbespots für diese Sendung eingesetzt worden, nicht für die Sendung selbst. Radio SAW erklärte, nicht in der Berichterstattung beeinflusst worden zu sein: „Die redaktionelle Hoheit dieser Sendung lag ausschließlich bei Radio SAW.“ Die landeseigene Investitionsbank sei „als Sponsor in Werbespots zur Sendung“ aufgetreten.

Doch die Magdeburger Volksstimme hatte zuvor berichtet, dass Jens Bullerjahn als Interviewgast geladen war, sei  eine Vorgabe des Auftraggebers für den Sendeablauf gewesen. „Die IB hat entschieden, dass es zu Beginn der Sendung ein Statement vom Richtliniengeber gibt, also von Finanzminister Bullerjahn“, so Investitionsbank -Sprecher Thomas Kühne. (Die Investitionsbank ist vom Finanzministerium mit der Werbung für Stark III betraut.) Radio SAW räumte laut Volksstimme ein, dass die Sendung „auf Vorschlag der IB“ produziert wurde. Die Investitionsbank sei als „Sponsor“ aufgetreten, wird SAW-Sprecher Jens Kerner zitiert. Von Seiten des Bündnisses „Grundschulen vor Ort“ wurde kritisiert, dass ausschließlich Befürworter ins Studio geladen waren.

 

Welchen Regeln unterliegt Radio SAW?

In Paragraf  3 Absatz 6 der Programmgrundsätze des Mediengesetzes für Sachsen-Anhalt heißt es: „Berichterstattung und Informationssendungen haben den anerkannten journalistischen Grundsätzen, auch beim Einsatz virtueller Elemente, zu entsprechen. Sie müssen unabhängig und sachlich sein.“

 

Im Rundfunkstaatsvertrag, der bundesweit gilt, ist in Paragraf 7 festgehalten: „Werbung oder Werbetreibende dürfen das übrige Programm inhaltlich und redaktionell nicht beeinflussen.“ (Absatz 2) Später heißt es: „Schleichwerbung, Produkt- und Themenplatzierung sowie entsprechende Praktiken sind unzulässig.“ Nur für die Produktplatzierung sind Ausnahmen zugelassen – die entsprechenden Sendungen müssen gekennzeichnet werden.

 

Doch ein Förderprogramm als Produkt zu kennzeichnen, ist weit hergeholt. Schließlich werden ja keine Förderzusagen verkauft. Hier wurde ein Thema platziert. Und das ist nicht erlaubt. Falls die zuständige Medienanstalt jedoch der Meinung ist, dass es sich um eine Produktplatzierung gehandelt hat – dann hätte diese gekennzeichnet und innerhalb der Sendung immer wieder darauf hingewiesen werden müssen. Doch auf für diesen Fall gilt: die journalistische Unabhängigkeit muss gewährleistet werden, es darf keine Vorgaben für die Darstellung des Themas bzw. die zu Interviewenden von Seiten des Werbetreibenden oder Produktplatzierers geben.

 

Kurz gefragt: Wäre die Sendung auch ohne die Finanzierung der Werbespots produziert worden? Seit wann entspricht es journalistischen Grundsätzen, Kritiker nicht zu Wort kommen zu lassen?

 

 

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Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
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