Mangel an Ideen für journalistische Apps

Cornelia Wolf untersuchte journalistische Apps etablierter Medienunternehmen (Media Perspektiven 05/2014)

Dabei stellte sie vier Dinge fest:

 

Erstens: „Derzeit besteht ein Trägheitsprinzip in der formalen und inhaltlichen Gestaltung der Apps. Eigenständige journalistische Ideen sind kaum vorhanden, die Apps sind stark an das jeweilige Muttermedium angelehnt und übernehmen häufig existierende Inhalte. Auch für Apps, die keine Eins-zu-eins-Kopie darstellen, werden Beiträge weitgehend noch in Anlehnung an etablierte Layout- und Darstellungsschemata aufbereitet. Inhalte werden kaum neu produziert, sondern aus existierenden Beiträgen des Offline- und/oder Onlinemediums bezogen. Daher spielt die multimediale Aufbereitung keine große Rolle, auch neue Darstellungsformen werden kaum verwendet. Das Potenzial zur Vernetzung der Angebote wird selten genutzt, ebenso ist die Interaktivität gering. Kontextsensitivität spielt im mobilen Journalismus derzeit keine Rolle.“

 

Zweitens: „Apps unterscheiden sich durchweg in der Nutzung mobilspezifischer Potenziale je nach Muttermedium, so dass eine Konvergenz der Angebote derzeit nicht stattfindet. Tendenziell nutzen Print-Apps Verlinkungen und Optionen zur Weiterleitung ihrer Inhalte häufiger, während Radio-Apps Nutzer zur Partizipation durch die Produktion eigener Inhalte auffordern und Fernseh-Apps Bewertungen und Kommentare zulassen. Eine Selektion von Themen oder Funktionen ist am ehesten bei Printanbietern gegeben, auch in Kombination mit Push-Meldungen, die die ständige Konnektivität ausnutzen. Am innovativsten sind in der formalen und inhaltlichen Gestaltung mobile Ableger von Zeitschriften – hier werden neue Darstellungsformen, Playfulness, Layoutelemente und Navigationsmodelle am ehesten ausprobiert.“

 

Drittens: „Im Einsatz der Erlösmodelle fallen ebenfalls deutliche Unterschiede auf: Während die Apps von Rundfunksendern mehrheitlich gratis angeboten werden, folgen Print-Apps etablierten Modellen des Einzelverkaufs oder Abonnements. Eine Flexibilisierung der Erlösmodelle findet insgesamt nicht statt. Vielmehr sind auch die Preisstrukturen stark an gedruckten Medienprodukten orientiert. Es stellt sich die Frage, ob Nutzer bereit sind, für ein digitales Abonnement hohe zwei- oder dreistellige Beträge zu bezahlen. Werbung wird insgesamt in geringem Maß eingesetzt, der Anteil liegt in allen untersuchten Elementen unter 20 Prozent.“

 

Viertens: „Obwohl mobiler Journalismus in institutionalisierten Medienorganisationen bereits verbreitet ist und an das Medium Hoffnungen geknüpft werden, neue Zielgruppen zu erschließen und digitalen Journalismus ökonomisch erfolgreich werden zu lassen, ist derzeit ein Mangel an journalistischen Ideen für das Medium feststellbar. Innovative inhaltliche und gestalterische Ideen sind äußerst selten. Damit werden journalistische Apps den Möglichkeiten des neuen Mediums derzeit noch nicht gerecht.“

 

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