„Mensch, Reiter“. So hieß die halbe Stunde, in der sich Udo Reiter zu 20 Jahren MDR vom Direktor des Adolf-Grimme-Instituts, Uwe Kammann, befragen ließ (Video). Nicht alle von der Pressestelle angekündigten Fragen, wurden beantwortet. (Wie sehen Informations- und Unterhaltungsprogramme der Zukunft aus? Wie wird das digitale Zeitalter den Sender verändern? Wie gerecht ist die neue Beitragsfinanzierung?) Sie wurden auch nicht gestellt. Beantwortet hatte sie Udo Reiter allerdings in einigen Interviews zuvor.
Das Interview war dreigeteilt, ganz so, wie die Phasen, die Udo Reiter in den Interviews seit Donnerstag letzter Woche für den MDR ausgemacht hatte: „Die ersten zehn Jahre des MDR bezeichnet Reiter als die Aufbauphase, die zweiten zehn als Konsolidierungsphase. In den nächsten zehn Jahren werde es um die Anpassung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an die digitalen Herausforderungen gehen. Zudem stünden erneute Sparrunden bevor.“ So in der Thüringer Allgemeinen.
Zu Wort kamen neben den beiden Protagonisten noch drei Politiker. Die Ministerpräsidenten der MDR-Staatsvertragsländer. Christine Lieberknecht fand in einer ersten Runde die „Geschichte Mitteldeutschlands“ beeindruckend, Stanislaw Tillich die Übertragung von den Olympischen Winterspielen in Vancouver und Reiner Haseloff die Übertragung der 9. Symphonie Beethovens aus dem Vatikan. Christine Lieberknecht meint in einer zweiten Runde, dass der MDR bei der Struktur seiner Zuschauer aufpassen müsse, Reiner Haseloff fehlt „ein bisschen die Vision nach vorn“. Stanislaw Tillich ist mit dem MDR anscheinend voll zufrieden. Oder ist ihm der MDR egal? Jedenfalls äußert er keine Kritik. Die drei Ministerpräsidenten waren auch die einzigen, die am Schluss des Sonderinterviews neben Uwe Kammann den MDR zu seinem 20. Geburtstag beglückwünschen durften. (So wünschte Reiner Haseloff eine „glückliche Hand bei Programmgestaltung und Personalauswahl.“) Ja, sie hatten das letzte Wort. So wie ihre CDU-Vorgänger vor 20 Jahren das erste Wort hatten. (Am 30. Mai 1991 wurde in Erfurt der Staatsvertrag über den MITTELDEUTSCHEN RUNDFUNK von den CDU-Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf (Sachsen), Gerd Gies (Sachsen-Anhalt) und Josef Duchac (Thüringen) unterzeichnet.)
Doch warum gerade nur sie? Warum keine Hörerinnen und Hörer? Warum keine Zuschauerinnen und Zuschauer? Warum keine Onliner? Warum keine Journalistinnen und Journalisten? Warum keiner der vielen kritischen Begleiter? Sicher, da hätte die halbe Stunde nicht gereicht. Doch man hätte sich mehr Zeit nehmen können und mehr das AUF UND AB des MDR darstellen können. Es gibt doch dazu ausreichend Bilder und Originaltöne.
War dieses Gespräch ein weiteres Beispiel konservativer Dialektik, ganz in der Art, wie man seit 20 Jahren die „alten“ Formen der DDR-Fernsehunterhaltung mit neuen Inhalten „in Politik, Information und Wirtschaft“ verbindet, um die freiheitlich demokratische Grundordnung „zu stärken“?
Die getroffene Auswahl der Beiträge, das Drehbuch dieses Gesprächs waren bewusste Entscheidungen. Sie machen deutlich machen, von wem der MDR getragen wird. Und so war das Gespräch zuallererst aufklärerisch in der Art, wie „konservatives Protokoll“ erfüllt wird.