Wenn man ehrlich ist, muss man sagen, dass es ein typisches Kennzeichen von Angehörigen von Jugendkulturen ist, dass sie alt sind. Die meisten Jugendkulturen sind in den 70er, 80er, frühen 90er Jahren entstanden. Es kommen natürlich immer neue, junge Leute dazu. Ein 14-Jähriger zum Beispiel, der heute Punk wird, entdeckt in dem Moment Punk neu und kann das genauso ernsthaft leben wie die Punks in den Siebzigern.
Aber es gehören eben immer auch alte Leute dazu, die schon lange in einer Szene sind und sich vom Normalbürger, vom Spießer abheben. Es gibt eigentlich kaum wirklich rein jugendliche Jugendkulturen. Deswegen arbeiten wir im Verlag auch mit Autor:innen, die kaum 20 sind, und mit anderen, die seit über 40 Jahren bestimmten Szenen angehören. […]
Aber neue Jugendkulturen gibt es meiner Meinung nach wenige. Seit den 90er Jahren gibt es eher das Cross-over-Prinzip. Also sozusagen traditionelle Jugendkulturen, die sich ursprünglich stark voneinander abgegrenzt haben, werden miteinander vermischt. Aber was richtig Neues, das gibt es höchstens im digitalen Kontext.
Klaus Farin, taz.de, 10.07.2024 (online)