Das bekannte Archiv–Storytelling in Dokumentationen befindet sich im Wandel. Und das ist auch notwendig: Weg von stereotypen Erzählmustern, hin zu ganzheitlichen Betrachtungen. Bislang unbekanntes Archivmaterial spielt darin eine wesentliche Rolle. Beispiele dafür gab es auf der Sunny Side of the Doc im französischen La Rochelle zu sehen, wo die internationale Doku-Branche zusammenkam.
„Es gibt die Bewegung hin zu einer Entkolonialisierung weg von einer westlich zentrierten Sicht, was die Nutzung von Archivmaterial angeht. Beispielsweise bei Dokumentationen über Afrika oder Asien, in denen die Perspektive der Menschen, die dort lebten, besser geschildert werden soll.“ […]
Réman, Geschäftsführerin der Veranstaltung an der französischen Atlantikküste, sah darin zugleich eine Chance für neue Erzählformen in diesem Bereich: „Das grundsätzliche Ziel ist, entsprechendes Archivmaterial zu sammeln und der gesamten internationalen Gemeinschaft zur Verfügung zu stellen. Aber es geht auch darum, in Zusammenarbeit mit lokalen Crews diese neuen Geschichten auf die Bildschirme zu bringen.“ […]
Ganzheitliche Geschichten zu erzählen, erfordert aber vor allem eine Zugänglichkeit aller relevanten Archive. „Westlichen Perspektiven sind diejenigen, die am besten erschlossen und deswegen am niedrigschwelligsten zugänglich sind“, hat der deutsche Dokumentarfilmer Gunnar Dedio von Looks Film festgestellt. […]
Dass sich die Branche noch mehr anstrengen muss, um ganzheitliche Ansätze beim Einsatz von dokumentarischem Material zu verwirklichen, davon ist Porter überzeugt: „Wir müssen uns anstrengen, einen umfassenderen Zugang zu anderen Quellen zu erhalten, denn die leicht zugänglichen Quellen sind immer die der Mächtigen.“
Winfried Urbe, M(verdi), 11.07.2025 (online)