Zitiert: ARD gibt immer mehr Wissen verloren

Das „Lesenswert Quartett“ war eine Gesprächssendung, in der wiederkehrende Gäste auf Stühlen saßen und sich über aktuelle Literatur austauschten. Im Gegensatz zu seinem großen Pendant im ZDF, dem Literarischen Quartett, wo der Schwerpunkt auf dem Gespräch und weniger dem Buch lag, wo ein „Salon“ heraufbeschworen werden soll, in dem es eher auf den Schauwert der Gäste ankommt, als im engeren Sinne auf ihre jeweilige Auskunftsfähigkeit. […]

Beim Lesenswert Quartett aber war nun voyeuristisch auch deshalb deutlich weniger zu holen, weil solche Auffahrunfälle dort schlicht seltener vorkamen. Die Runde bestand aus den seriösen Literaturkritikern Insa Wilke, Ijoma Mangold und Denis Scheck, die jeweils noch einen Gast dazu baten. Und dann wurde so wenig gefühlt und gefunden, dafür aber so viel gewusst und gerungen, wie es im Fernsehen sonst eigentlich nicht mehr vorkommt.

Und zwar aus guten Gründen, das Fernsehen ist für solche Gespräche eigentlich nicht das richtige Medium. Das sieht man unter anderem an den übereifrig sich um den Tisch rekelnden Kulissen, die unter der Aufgabe, die visuelle Statik dieser Sendungen zu kompensieren, fast zerbrechen. Auch Marcel Reich-Ranicki hat das gewusst und aus der Unvereinbarkeit von Literatur und Fernsehen eine Figur erschaffen, die bald sehr viel bekannter war als der schreibende FAZ-Literaturchef gleichen Namens. Der Charme solcher Sendungen – und möglicherweise des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an sich – besteht aber gerade darin, dass er die Mittel und den Auftrag hat, sich den Geboten des Publikumsbetriebs eben nicht unterwerfen zu müssen. […]

Das Wissen, das verloren geht, wenn solche Sende- und Produktionsbetriebe einmal eingestellt sind, ist jedenfalls nicht einfach wiederherzustellen. Das gilt für jede Lokalredaktion, die nicht mehr die Arbeit kommunaler Gremien dokumentiert. Das gilt aber eben auch für alle Redakteure, die sich nun auch beim SWR nicht mehr über Bücher beugen.

Felix Stephan, sueddeutsche.de, 25.06.2024 (online)

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Zitat der Woche
Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
Out of Space
Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)