Ein Zocker sei er nicht. So sagte es Kai Gniffke, Intendant des Südwestrundfunks (SWR), als er im August vorigen Jahres auf der Gamescom in Köln zu Gast war. Am ARD-Stand hat sich der damalige Vorsitzende des Senderverbunds dennoch zum Zocken eingefunden, zu sehen auch im Stream auf der Gaming-Plattform Twitch. Erstmals hatte die ARD einen eigenen Auftritt auf der weltweit größten Messe für Computer- und Videospiele – ein deutliches Signal, dass die ARD auch auf Games setzt. Und das hat maßgeblich mit dem SWR zu tun.
In der ARD gilt der SWR als Schrittmacher und Impulsgeber, wenn es um digitale Spiele geht. Das zeigt sich auch daran, dass der Sender im November 2024 ein sogenanntes Whitepaper zum „Megatrend Gaming“ vorlegte. Darin wird auf 62 Seiten erläutert, welche zusätzlichen Möglichkeiten Games für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk bieten, um seinen Auftrag zu erfüllen. Spiele könnten unterhalten, informieren, bilden, beraten und kulturelle Beiträge liefern, heißt es im Whitepaper. […]
Rund 50 Millionen Menschen spielten, heißt es im Whitepaper, etwa vier Stunden pro Woche, bei Jugendlichen sei es noch deutlich mehr.
Für den SWR darf hier der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht den Anschluss verlieren, nicht zuletzt, um jüngere Zielgruppen zu erreichen. Games sind laut dem Whitepaper „die logische Weiterentwicklung von klassischen Audio- und Bewegtbildinhalten, die wiederum im Kern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks stehen“. Wichtig ist für den SWR dabei: „Öffentlich-rechtlichen Rundfunk komplett ohne Games zu denken, würde bedeuten, die verfassungsrechtlich garantierte Bestands- und Entwicklungsgarantie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu beschneiden.“ […]
Die öffentlich-rechtlichen Anstalten müssen, wenn sie Games starten, eine Vorgabe des Medienstaatsvertrags der Bundesländer beachten. Demnach sind Spieleangebote nur zulässig, wenn sie einen Bezug zu einer Sendung haben. Im vorigen Jahr gab es bei den Ländern zeitweise den Plan, diese Vorgabe aufzuweichen.
Im Herbst 2024 kam es dann anders. Als sich die Länder auf den Reformstaatsvertrag zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk einigten, entschieden sie sich bei den Games gegen eine Lockerung. Vaunet, der Verband der Privatsender, begrüßte das. Dass der Sendebezug für Spieleangebote nun bestehen bleibt, ist für den SWR aber kein Nachteil: Das breite Sendungsangebot der Rundfunkanstalten biete entsprechende Bezugspunkte für Gaming-Inhalte. Doch aus Sicht des SWR erfordert ein Games-Engagement ein anderes Denken und veränderte Strukturen bei öffentlich-rechtlichen Sendern. Games zu entwickeln, unterscheide sich grundlegend von traditionellen Medienproduktionen. heißt es im Whitepaper. Bei Games gehe es auch um nichtlineares Erzählen von Geschichten. Außerdem gebe es „komplexe technische Herausforderungen“.
Volker Nünning, M(verdi), 20.04.2025 (online)