Zitiert: Aufgaben des Journalismus

Letztlich beruhen gesellschaftliche Gewissheiten immer auf dem Vertrauen in diejenigen, die Wissen bewahren und weitergeben. Und das waren über viele Jahrzehnte hinweg auch wir Journalisten. Professionelle Medienschaffende lernen in der Ausbildung, wie eintreffende Meldungen verifiziert oder falsifiziert werden können. Sie lernen das Zwei-Quellen-Prinzip. Sie wissen, wie man Tatsachenbehauptungen überprüft und weisen darauf hin, falls dies nicht möglich ist – wie etwa bei Informationen von Kriegsparteien.Und sie korrigieren öffentlich ihre Fehler. Aber offenbar schätzen viele Leser, Hörer und Zuschauer die Qualitätsmerkmale des Journalismus in immer geringerem Maße. Oder sie wissen schlicht nichts davon. Es gilt, dieses Wissen neu zu aktivieren und das Vertrauen des Publikums zurück zu gewinnen. Aber nicht, indem man zunehmend obskure „Experten“ einlädt wie den Kölner Hotelier Dr. Werner Peters, der unlängst in einer Radiosendung behauptete, wir würden in Deutschland nicht in einer Demokratie leben, sondern „in einer durch Wahlen legitimierten Aristokratie“.

Wie lange müsste die Gegenrede sein, die unbedarften Hörern erklärt, inwiefern unsere repräsentative Demokratie alle Merkmale einer Demokratie erfüllt, und dass es in sich selbst undemokratisch ist, wenn der promovierte Philosoph Peters sein Verständnis radikaler, direkter Demokratie für alleingültig hält? Nicht alle Sendeformen sind für alle Auseinandersetzungen gleichermaßen geeignet.

Unsere Demokratie ist sogar so demokratisch, dass sie ihre eigene Abschaffung auf demokratischem Wege zuließe. Die neuen Propagandisten würden sagen: Es wäre undemokratisch, sich dagegen zur Wehr zu setzen. Diesen Mindfuck sollten wir Journalisten nicht zulassen.

Wir kontrollieren die Einhaltung der Gewaltenteilung als Dienstleister der Öffentlichkeit, um Machtmissbrauch zu verhindern. Deshalb können wir als Journalisten nicht neutral sein, wenn Rechtsstaat und Demokratie angegriffen werden. Zu unserer öffentlichen Aufgabe, Meinungsbildung zu ermöglichen, sollte immer auch gehören, vor Meinungsmanipulationen deutlich zu warnen. Nicht ohne Grund ist die Pressefreiheit oft das erste, das Autokraten nach ihrer Machtübernahme abschaffen.

Möglicherweise haben wir die Gatekeeper-Funktion durch die Einführung sozialer Medien verloren. Unsere Funktion als die Vierte Gewalt im demokratischen System aber dürfen wir nicht aufgeben, egal, wie sehr interessierte Kreise uns dafür als Zensurorgane delegitimieren wollen.

Stephan Karkowsky, journalist.de, 07.05.2025 (online)

Onlinefilm.org

Zitat der Woche
Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
Out of Space
Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)