Doch kann man Medienunternehmen wirklich wie Unternehmen behandeln, die Finanz- oder Wirtschaftsgüter herstellen? „Das EU-Verbot ist politisch nachvollziehbar, aber medienrechtlich zumindest ungewöhnlich,“ sagt Tobias Schmid, der Leiter der Landesmedienanstalt Nordrhein-Westfalen, der auch Teil der ERGA ist (European Regulators Group for Audiovisual Media Services), dem Zusammenschluss der Medienregulierer auf EU-Ebene.
Der ungewöhnliche EU-Verbotsbeschluss gilt seit dem 2. März und beinhaltet auch, dass EU-Länder, die Sendern von RT bereits Lizenzen erteilten, diese wieder entziehen müssen. Nationale Gesetze finden keine Beachtung, es gibt aber eine zeitliche Befristung für das Verbot. Damit wäre man bei einer der Schwachstellen in dem Beschluss des EU-Rats. Denn die Befristung ist dort auf zwei unterschiedliche Weisen formuliert: Das Verbot gelte bis Ende der russischen Aggression in der Ukraine, und, hier wird es komplizierter, bis keine Propaganda mehr gesendet wird. Letzteres wird man aufwändig definieren und belegen müssen. Denn mit dem Vorwurf der Propaganda wissen die Sender gut umzugehen, sie drehen ihn im Zweifel einfach um. „Der Propaganda-Gehalt des Senders wurde bisher jedenfalls durch uns nicht geprüft,“ so Tobias Schmid.
Aurelie von Blazekovic, sueddeutsche.de, 15.3.2022 (online)