Weil sie seit ihrem Rücktritt offener und ehrlicher spricht, kriegt die ehemalige Grünen-Chefin Ricarda Lang viel Lob von Journalist:innen. Nur ihre Kritik an der Rolle von Talkshows und Medien wird dabei geflissentlich überhört, beobachtet Peer Schader. […]
Die Schere im Kopf komme nicht von ungefähr, führte Lang in der Sendung weiter aus. „Man ist in Talkshows wie dieser und hat teilweise schon die Angst: Welcher 30-Sekunden-Schnipsel landet nachher im Netz?“ Diese Skandalisierungsfurcht führe dazu, dass kaum noch jemand einen Gedanken unvollendet in den Raum stelle oder eine Position zur Diskussion anbiete. […]
Nun ist Langs Verwandlung gar nicht so drastisch, wie manche sie wahrnehmen. Schon während ihrer Amtszeit reflektierte sie die Rolle der Medien kritisch. […]
Die Medien applaudieren ihr für den Klartext – und gehen zügig zur gewohnten Tagesordnung über, ohne auch nur den Anschein zu erwecken, die eigene Rolle in diesem Spiel zu hinterfragen.
Dabei wäre genau das nötig: Ein System, das Politiker:innen in eine permanente Rechtfertigungshaltung zwingt und jedes unbedachte Wort sofort gegen sie verwendet, trägt erhebliche Mitschuld am voranschreitenden Vertrauensverlust in die Politik. […]
Dass die Medien eine Debatte darüber nicht selbst führen, ist nicht verwunderlich, aber trotzdem eine Schande. Dabei wäre es allerhöchste Zeit, die Runden bei Miosga, Maischberger, Illner & Co. regelmäßig auch zur problematischen Rolle einzuberufen, die Medien und Journalist:innen im Kampf um das Grundvertrauen in die Demokratie spielen.
Peer Schrader, dwdl.de, 25.01.2025 (online)