Die Heroisierung von Demokratie und Marktwirtschaft und die Pathologisierung der Ostdeutschen sind zwei Seiten einer Medaille. Aber bedarf es besonderer Qualifikationen, um der Freiheit gewachsen zu sein? Mussten nicht DDR-Bürger, um im Staatssozialismus bestehen zu können, Improvisationskünstler von hoher Enttäuschungsresistenz mit der Bereitschaft zu großer situativer Flexibilität sein? Warum sollten sie am vergleichsweise niedrigschwelligen Angebot Demokratie scheitern müssen? … Aber die Rechten, heißt es – und dann werden Zwangsläufigkeiten behauptet, als hätte man Sachsen, Brandenburg, Thüringen schon Monate vor der Wahl aufgegeben, als gäbe es nicht auch dort eine Mehrheit jenseits der AfD. Die gärige „Vogelschiss“-Truppe ist ohnehin nur als gesamtdeutsche Kraft zu verstehen. Es steckt sehr viel mehr vom Geist der alten Bundesrepublik in ihr, als die Suggestion einer besonderen Nähe von Osten und Autoritarismus wahrhaben will.
Jens Bisky, sueddeutsche.de, 12.02.2019 (online)
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