Diese Diskrepanz zwischen Mediathek und linearem Programm – eine Top-Position auf der Online-„Stage“ und keine Chance in der linearen Primetime – ist längst gelebte Realität bei den öffentlich-rechtlichen Sendern.
Und so sehr ich es begrüße, dass durch diese Herangehensweise Inhalte entstehen können, die es im regulären Programm so sonst vielleicht nicht gegeben hätte, tue ich mich auch ein bisschen schwer mit dieser von Strobl und Hager ausformulierten Strategie der zwei Manegen, in denen voneinander unabhängig Attraktionen passieren, um ein Publikum zu begeistern, das schon die Eintrittskarte gelöst hat – aber eigentlich völlig unterschiedliche Vorstellungen sehen möchte.
Das hat vor allem zwei Gründe. Erstens ist diese Strategie eine willkommene Ausrede dafür, an den linearen Programmen nichts Grundsätzliches mehr ändern zu müssen, weil dort ohnehin nur noch diejenigen einschalten, die halbwegs zufrieden damit sind, was da gerade läuft. (Auch die von Strobl und Hager bislang kommunizierten Änderungen sind ja vor allem den benötigten Umschichtungen hin zu Mediathek-affinen Inhalten geschuldet.)
Und zweitens besteht das sehr konkrete Restrisiko, dass sich mit der Mediathek einfach nochmal dieselben Irrtümer wiederholen, die der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit seinem Zwang zur permanenten Formatierung schon seit Jahren im klassischen Programm pflegt. Zumindest klingt es so, wenn die neue Programmdirektion in erster Linie darüber redet, welches Format online relevante Inhalte künftig haben müssen.
Peer Schrader, dwdl.de, 10.10.2021 (online)