Die rotzfreche Provokation, mit der er in den Nullerjahren die Grenze der oft bräsigen Fernsehunterhaltung mit unberechenbarer Häme gegen jeden immer wieder überschritten hat, sind inzwischen ins Gen der Unterhaltung eingeflossen. Formate wie „Joko und Claas“ sind heute verspielter, freundlicher, zeitgemäßer unterwegs. Und wie Jan Böhmermann bisweilen fragwürdig, aber oft stilprägend journalistische Recherche, Gesellschaftskritik und satirischen Nonsens vermischt – das gab es zu Raabs Zeiten eben nicht, schon gar nicht beim ZDF. Jetzt schon.
Auch ein verdienter Haudegen der Unterhaltungsbranche wie Thomas Gottschalk kann oder will das nicht begreifen. Er hat aber den Nachteil, dass er keine Formate erfinden kann wie der vielseitige Raab, und deshalb immer nur das Format Gottschalk gegen die neuen Zeiten verteidigt. In einem Punkt sind die beiden sich aber sehr ähnlich, besser als der große Fernsehformat-Erfinder Frank Elstner hat das niemand ausgedrückt: „Der Thomas ist der Mittelpunkt der Sendung. Und alles geschieht um ihn herum. Bei mir ist der Gast der Mittelpunkt der Sendung. Und ich bin derjenige, der um ihn rumgeht.“
Harald Hordych, sueddeutsche.de, 1.11.2024 (online)