Statt vielfacher Koordinierungsstellen für die jeweiligen Programme würde es dann nur noch eine zentrale Entscheidungsebene für nicht regionale Angebote geben. Konkretes Beispiel: die dokumentarischen Formate für das Gemeinschaftsprogramm der ARD. Dort wurden zwar auch Entscheidungsstrukturen zentralisiert, aber zugleich zahlreiche neue Binnen- und Zwischengremien geschaffen, die viel Personal binden, Entscheidungen bürokratisieren – und eben nicht verschlanken.
So konnte eine Redaktion noch vor wenigen Jahren senderintern mit der Zustimmung der vorgesetzten Programmverantwortlichen einen Film auf den Weg bringen, sie hatte einen eigenen Etat dafür zur Verfügung. Sollte der nicht reichen, konnte sie sich Partner in anderen Anstalten suchen. War der Film für die ARD konzipiert, musste er noch von der Konferenz der ARD-Chefredakteure und Kulturchefs genehmigt werden.
Jetzt gibt es zahlreiche zusätzliche Entscheidungsebenen, weitere sind in Vorbereitung. Immer mehr ARD-Sender übergeben die Planung ihres Programmportfolios einer ressortübergreifenden Steuerungsgruppe, sie hat das Mandat über das Budget für ein Programm innerhalb der Anstalt. Der zuständigen Redaktion wird damit die Etat- und Entscheidungshoheit genommen.
Wenn Projekte für die ARD-Mediathek oder für das ARD-Gemeinschaftsprogramm vorgesehen sind, müssen diese zunächst in übergeordneten Fachgruppen empfohlen werden. Doch damit nicht genug, es gibt eine zusätzliche Entscheidungsebene – die von der Fachgruppe eingebrachten Vorschläge werden von einem Gremium noch einmal überprüft, im Namen eines vorgegebenen Mengengerüsts soll die Anzahl der Projekte insgesamt begrenzt werden. Im Falle des langen Dokumentarfilms haben zum Beispiel nur etwa zwölf die Chance, in der Mediathek besonders hervorgehoben beworben zu werden. Heißt dann in Folge: Ohne dieses „Prädikat“ der besonderen Eignung hat ein Projekt kaum noch Aussichten, mit einem angemessenen Etat realisiert zu werden. Aber auch dann ist ein Filmvorhaben noch nicht final genehmigt. Am Ende muss selbstverständlich noch der Programmdirektor im jeweiligen Sender dem neuen Projekt zustimmen.
In der Summe muss ein Film also vier Entscheidungsebenen durchlaufen. Genau da setzt die Kritik des Zukunftsrats an, wenn er fordert: Nicht immer wieder neue Koordinationsstellen einführen, sondern für die nicht regionalen Programme nur eine zentrale Entscheidungsinstanz mit Budgethoheit, mit fachkundigen und erfahrenen Redakteuren und Redakteurinnen.
Damit würden nicht nur Bürokratie, sondern mittelfristig auch Planstellen wegfallen, Haushaltsmittel würden frei werden, die wiederum ins Programm fließen könnten.
Andres Veiel, sueddeutsche.de, 06.08.2024 (online)
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