Konzentriert man sich auf die allgemeinen Nachrichtenmedien, sind Medienberichte, die strafrechtlich relevant wären, in unserem Land außerordentlich selten oder gar inexistent.
Sich darüber hinauszuwagen, bedeutet, eine Prämisse zu akzeptieren, die häufig abgelehnt wird – vielleicht weil sie äußerst unbequem ist: Die Phänomene, die zur Diskriminierung beitragen, sind weit verbreitet, beruhen selten auf einer klar erkennbaren Absicht und wirken meist unauffällig. Diese Meinung wird von den Sozialwissenschaften fast einstimmig vertreten. Heute werden die schädlichen Auswirkungen solcher schleichenden und multifaktoriellen Mechanismen auf die gesamte Gesellschaft zunehmend erfasst. Eine entscheidende Rolle spielen dabei zwangsläufig die Nachrichtenmedien, die einen Einblick in die Welt um uns herum bieten und gleichzeitig Frames festlegen, die bestimmte Interpretationen begünstigen. […]
Mehrere Eigenschaften des Mediensystems tragen in wesentlichem Maß zur Entstehung potenziell diskriminierender Inhalte bei. Zu diesen Eigenschaften gehören u. a. der Wettbewerb, das Genre und das Format. Die wichtigste Auswirkung von starkem Wettbewerb ist der Zeitdruck bei der Verarbeitung und Veröffentlichung einer Information. Dies führt bei Berichten manchmal dazu, dass Kontextelemente weggelassen werden, die das Risiko missbräuchlicher Verallgemeinerungen minimieren könnten, oder dass sich problematische Begriffe und Formulierungen einschleichen, die ein sorgfältigeres Lektorat nicht durchgelassen hätte.
Annik Dubied, Andrew Robotham, ejo-online.eu, 8.12.2022 (online)