Facebook funktioniert nicht als “Marktplatz der Ideen”, sondern vielmehr als “Arena für Identitätsbehauptung und -bestätigung”, sagt eine Studie der Otto-Brenner-Stiftung, aus der der “Spiegel” zitiert. Nutzerinnen teilten alternative Fakten auf AfD-Seiten vor allem deshalb, weil sie dadurch ihre Gruppen-Zugehörigkeit ausdrücken wollen. (turi2, 31.08.2021, online)
Es spiele dabei auch kaum eine Rolle, um welches Thema es gehe, der Mechanismus wirke bei Coronapolitik ebenso wie bei Migrations- oder Medienpolitik sowie anderen Themen. Umso stabiler und dauerhafter ein gesellschaftlicher Konflikt sei, desto besser eigne er sich als Milieu zur Verbreitung alternativer Fakten, schreiben die Forscher. (Spiegel Online, 31.08.2021, online)
Der Wahrheitsgehalt des Geposteten, so ein weiterer Befund, ist dabei nicht entscheidend. Die oftmals schrillen Superlative alternativer Fakten ermöglichen es Diskussionsteilnehmer*innen jedoch, sich als besonders schonungslose*r „Durchblicker*in“ zu inszenieren. Dieser Logik folgend, wird Kritik und inhaltlicher Zweifel an den „Fakten“ oftmals schlicht ignoriert, beiseitegeschoben oder mit dem Ausschluss aus der Gemeinschaft beantwortet. Bemerkenswert ist, dass alternative Fakten vor allem dort zum Tragen kommen, wo die Gesprächsteilnehmer*innen auf vorgefestigte Ressentiment-Strukturen zurückgreifen und gegen eine etablierte Mehrheitsmeinung anschreiben können. Es sind somit nicht Momente kollektiver gesellschaftlicher Unsicherheit (wie beispielsweise zu Beginn der CoronaPandemie), in denen alternative Fakten eine besonders prominente Rolle in den Diskussionen spielen. Politische und soziale Konflikt gehen der Verbreitung alternativer Fakten voraus: Menschen opponieren nicht im Anschluss an eine Falschinformation gegen die Pandemiebekämpfungspolitik, sondern sie teilen alternative Fakten, um ihre Opposition gegenüber dieser Politik auszudrücken.
Für den Umgang mit alternativen Fakten auf Facebook kann festhalten werden, dass Versuche der „Aufklärung“ und des „FactChecking“ – zumindest bei den aktiven Teilnehmer*innen der Diskussionen – ins Leere laufen. Da es kaum um den sachlichen Gehalt der Beiträge geht, lohnt es sich hier definitiv nicht, „mit Rechten zu reden“. Alternative Fakten sollten nicht als ‚Missverständnisse‘ verstanden werden, denen vermeintlich mangelnde Bildung oder Medienkompetenz zugrunde liegt. Studie (pdf)