Häufig beschweren sich ostdeutsche Zuschauerinnen und Zuschauer, Filme und Serien über Ostdeutschland gäben selten ihre tatsächliche Lebenswirklichkeit wieder – womöglich, weil die Geschichten von Menschen erzählt würden, die im Westen sozialisiert worden sind. Schnell steht der Vorwurf im Raum, die jeweiligen Autorinnen und Autoren hätten ihre Bücher nicht aus der Region heraus entwickelt, sondern sich ein Thema „ergoogelt“ und einer Gegend übergestülpt, ohne jemals dort gewesen zu sein. Charaktere und Schauplätze seien durch Klischees und Vorurteile geprägt. […]
Der Vorwurf beziehe sich jedoch eher darauf, „dass die erzählten Geschichten häufig als nicht relevant und die Zeichnung der Lebenswelten als nicht stimmig empfunden“ würden. „Die Kritik gilt also eher der Haltung und der erzählerischen Sorgfalt der Filmschaffenden, weniger ihrer Herkunft. Um glaubwürdige Figuren, stimmige Milieus und realistische Konflikte zu schaffen, an Schauplätzen, die mehr sind als nur Kulisse, braucht es geografische, soziokulturelle und historische Ortskenntnis, und die erlangt man nur, wenn man sich auf den Weg macht, mit Leuten spricht und dem Ganzen unvoreingenommen gegenübersteht. Der Rückgriff auf gängige Klischees ist da in vielerlei Hinsicht bequemer.“ […]
Ihre Kollegin Henriette Lippold (1981 in Wittenberg geboren) ergänzt: „ei jeder Geschichte muss sich ein Erzähler oder eine Erzählerin in erster Linie für die Story interessieren. Er muss recherchieren, zuhören, beobachten, dramaturgisch verdichten und mit einem guten Händchen fürs authentische Nachempfinden die einzelnen Puzzleteile zu einem stimmigen Gesamtbild zusammenfügen.“ […]
Das Problem, sagt Wellmer, sei oft nicht das Wer, sondern das Wie. Manchmal werde „über den Osten berichtet, als handele es sich nach wie vor um ein fremdes Land.“
Tilmann P. Gangloff, epd medien, 01.08.2024 (online)