An solchen Orten lassen sich dann auch Stimmungen ablesen, durchaus auch als Frühindikator. Eine solche Stimmung hat mich diesmal kalt erwischt: die überall offen geäußerte Kritik an Journalismus und Medien.
Schon einmal gab es so was auf der re:publica. 2016 beschrieb ich hier die Kritik von BGH-Richter Thomas Fischer oder Technikphilosoph Gunter Dueck. Doch diesmal waren die Kritiker weitreichender, wütender und vor allem kam auch außerhalb der Bühnen schnell die Rede auf Fehlleistungen des Journalismus.
Das heißt nicht, dass die re:publicaner sich plötzliche der Lügenpresse-Fraktion anschließen – im Gegenteil. Die Konferenz ist ja ein Hort der Wohlmeinung gegenüber dem Journalismus, etliche Medien und medienverwandte Institutionen gehören zu den Sponsoren der re:publica, darunter ARD, ZDF, Deutschlandfunk und das Medienboard Berlin-Brandenburg.
Doch die Unzufriedenheit mit dem, was da zu lesen, hören oder sehen ist, wächst in ein emotionales Maß hinein, das sich so nicht erwartet hatte – sich aber deckt mit dem, was ich 2021 aus meinem privaten Umfeld beschrieb: sehr viele Menschen wenden sich vom Journalismus ab, weil sie das Gefühl haben, er liefere nicht mehr das, was sie benötigen. […]
Die bissig-fröhliche Art von Karakaya sollte Journalist*innen in klassischen Medien Angst machen: Da ist jemand als Vertreter einer jungen Generation, der ganz offen sagt: Wir brauchen euch nicht. Nicht „Wir mögen euch nicht“, nein, „wir brauchen euch nicht“. Und das – ist viel schlimmer.
Um solche Generationen und Soziodemographien überschreitende Entwicklungen zu erspüren gibt es kaum eine bessere, ja kaum eine andere Gelegenheit als die re:publica. Sie ist einer jener Orte, an denen wir zusammekommen und gehört deshalb unbedingt geschützt und unterstützt.
Thomas Knüwer, indiskretionehrensache.de, 02.06.2024 (online)