Zitiert: Journalismus- und Demokratievertrauen in Sachsen

Sachsen ist ein Hotspot der Medienskepsis und der Zustimmung zum Rechtspopulismus. Die Autorin und Autoren geben durch 61 Tiefeninterviews mit Angehörigen verschiedenster Milieus Einblicke in die Ursachen der Entfremdung von Journalismus und Politik. Sie rekonstruieren subjektive Sinnwelten, die häufig von Distanz zu Institutionen und Eliten geprägt sind. Man leidet an einem moralisch aufgeladenen Diskurs-Mainstream, der bei wichtigen Themen wie Corona, Migration, Klima oder Russland nicht die eigene Haltung widerspiegelt und als gesteuerte Propaganda wahrgenommen wird. Die Vorschläge der Befragten zur Veränderung der Situation beziehen sich häufig auf die Demokratie als Ganzes und bieten die Grundlage für einen neuen Dialog.

Judith Kretzschmar, Markus Beiler, Uwe Krüger: Von Lügenpresse und abgehobenen Eliten. (Download pdf)

 

„Als überragender Grund für Medienmisstrauen erwies sich die Wahrnehmung politischer Tendenzen und Einseitigkeiten in journalistischer Berichterstattung. Eine solche Beobachtung artikulierte mehr als jede zweite interviewte Person, was ungefähr mit der Gesamtzahl an misstrauenden Befragten laut Kurzfragebögen korrespondiert. Fast jede zweite Person sah außerdem Repräsentationsdefizite von Themen oder Themenaspekten, was häufig die Wahrnehmung politischer Tendenzen in der Berichterstattung ergänzte, manchmal aber auch ein eigenständiger Kritikpunkt war. Neben dieser »Tendenz-Kritik« konnten wir einen zweiten Komplex von Argumenten ausmachen, den wir »Kommerz-Kritik« nennen. Moniert wurde hier immerhin von mehr als jeder dritten Person eine aus Profitstreben resultierende Boulevardisierung von Berichterstattung, ein Fokus auf Skandale und Sensationen sowie eine verfälschende Verknappung und unsachgemäße Zuspitzung von Inhalten. Die Gesamtlage an vorhandenen Kritikpunkten ähnelt stark denen aus einer früheren qualitativen Studie der Universitäten in Münster und München (vgl. Mede et al. 2020: 98), deren Feldarbeit in zwei ost und zwei westdeutschen Bundesländern durchgeführt wurde. Bemerkenswert ist, dass die Motive der Medienkritik in der Skepsis-Hochburg Sachsen also offenbar ganz ähnliche sind wie in anderen Teilen Deutschlands.

Beklagt wurden vor allem politisch motivierte Einseitigkeiten und Parteilichkeiten.“ (S. 260)

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Zitat der Woche
Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
Out of Space
Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)