Klappern gehört zum Geschäft. Als pauschale Feststellung mag das eine Banalität sein. Aber es steckt mehr darin. Mediensoziologisch gesehen, kann man von einem Zeitenwechsel sprechen. Denn das Marketing durchdringt zunehmend den Journalismus. Das ist die Kehrseite der netten Floskel vom unternehmerischen Journalismus, den einige Protagonisten der Branche zur Norm erhoben haben. Demnach müssen Informationsvermittler auch den Markterfolg im Blick behalten. ….
Wer im grossen digitalen Wirrwarr noch gehört werden will, rührt die Werbetrommel. Das fördert den Ego-Kult – ausgerechnet in einer Phase, in der die Medienbetriebe den individuellen Spielraum einschränken. …. Die Selbstinszenierung des Medienpersonals steht in kuriosem Widerspruch zu innerbetrieblichen Entwicklungen. Die Digitalisierung erzwingt nämlich den Aufbau von Apparaten, die rund um die Uhr rattern und die einzelnen Beschäftigten in Schemata pressen, welche den individuellen Spielraum einschränken und die Entfremdung fördern. Jeder ist jederzeit ersetzbar. Noch mehr als früher. Der Starkult gleicht insofern einer irren Spiegelung des ökonomisch und technisch bedingten Bedeutungsverlusts der Medien.
Rainer Stadler, NZZ, 05.09.2020 (online)