Wie die Reaktionen auf unsere Studien zeigen, zweifeln viele an der These, dass öffentliche Medien private Medien ergänzen, statt sie zu bedrängen, und dass der News-Konsum des einen nicht auf Kosten des anderen geht. Hinter solchen Zweifeln steckt vermutlich die Vorstellung, dass es unbedingt ein „Nullsummenspiel“ in der Nachrichtennutzung innerhalb eines fixen Zeitbudgets geben muss: Wenn jemand 15 Minuten statt 5 Minuten öffentliche Medien nutzt, dann hat diese Person doch zwangsläufig 10 Minuten weniger Zeit, Nachrichten von privaten Medien zu nutzen.
Gegen eine solche Vorstellung argumentiert Rasmus Kleis Nielsen, bis vor kurzem Direktor des Reuters Institute for the Study of Journalism: Er weist auf den Effekt der „Marktkonditionierung“ hin. Demzufolge regt die Nutzung öffentlicher Medien dazu an, auch private Nachrichtenangebote zu nutzen. Um das an einem Bild zu verdeutlichen: Es ist nicht wie in einem Nullsummenspiel, dass sich öffentliche Medien gleichsam von einem Kuchen das größte Stück abschneiden und den Privaten wenig übriglassen. Es scheint eher so zu sein, dass der „Kuchen für alle“ mit öffentlichen Medien insgesamt größer ist als ohne öffentliche Medien. Skandinavische Länder sind das beste Beispiel dafür: Dort gibt es neben sehr starken öffentlichen genauso starke private Medien.
Mark Eisenegger, Linards Udris, epd medien, 29.01.2025 (online)