Architektonisch gesehen ist das Kino meist ein schlichter Gebrauchsraum, eine Hütte und kein Palast. Kulturhistorisch allerdings war es ein mystischer Ort, ein Sehnsuchtsort von großer gesellschaftlicher Bedeutung. Das alles gilt nach wie vor. Mit der Elbphilharmonie in Hamburg leistet sich die Stadtgesellschaft ein Luxusressort für den exklusiven Musikgeschmack einer mehr oder minder breiten Elite. In Frankfurt am Main ist die Rede von knapp einer Milliarde Euro für eine Quasi-Neubau-Sanierung der Oper und des Schauspielhauses. München plant neben der Philharmonie den Neubau eines weiteren Konzerthauses. Bundesweit gibt es weitere, hoch subventionierte Opernhäuser, Theater und Museen. Warum erscheint der Gedanke so abwegig, analog dazu aufwändige Häuser für die Filmkunst zu initiieren, keine Paläste, sondern wahre Multiplex-Kinos?
Das zielt nicht auf eine Musealisierung des Kinos, sondern formuliert das Gegenteil, den Anspruch auf eine kulturpolitische Strategie zur Umsetzung der kulturellen Praxis Kino in großer Breite, durch die Förderung zahlreicher und zugänglicher Kinos, vor allem in den kulturstrukturschwachen Regionen, und in die Tiefe, mit vielschichtigen Filmhäusern in den Metropolen. Darüber hinaus könnte mit der Erweiterung um eine digitale Leinwand, die exklusiv von den Kinos bespielt wird, auch der digitale Raum für diese Filmkultur erreicht und Synergien geschaffen werden.
Daniel Sponsel, Filmdienst, 20.12.2022 (online)