Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine Bestands- und Entwicklungsgarantie. Das schließt eine Kündigung des MDR-Staatsvertrages durch den Freistaat Thüringen zwar nicht aus. Es muss hierzu aber ein Gesetz durch den Landtag ergehen, weil Grundfragen der Rundfunkordnung berührt sind, die eine gesetzliche Regelung erforderlich machen. Ein Ministerpräsident kann den MDR-Staatsvertrag also nicht allein kündigen. Außerdem kann der MDR-Staatsvertrag nicht einfach nur gekündigt werden, sondern es muss zugleich geregelt werden, welche öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt an die Stelle des MDR treten soll. Wie gesagt, steht der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht zur Disposition. Wer aus dem MDR raus will, schuldet eine neue öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt (quid pro quo), die personell, sächlich und finanziell so ausgestattet ist, dass sie die Aufgabe der Grundversorgung der Bevölkerung im Freistaat Thüringen erfüllen kann. […]
Um aus der ARD, dem ZDF und dem DLR auszutreten, müsste der Freistaat Thüringen auch die entsprechenden Staatsverträge kündigen. Auch diese Kündigungen wären aber nicht ohne Weiteres möglich. Die nach unserer Verfassung sicherzustellende Grundversorgung durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk betrifft nicht nur die landesweite Versorgung, sondern auch die bundesweite Veranstaltung von Rundfunk. Das öffentlich-rechtliche Rundfunksystem ist ein Solidarsystem, zu dem jedes Bundesland einen Beitrag leisten muss. Dieser Solidarbeitrag steht nicht zur Disposition der Länder. […]
Die Höhe des Beitrags folgt dem Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Wird nach einer Kündigung der Staatsverträge der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks neu definiert, muss auch die Beitragshöhe angepasst werden.
Hubertus Gersdorf, faz.net, 16.08.2024 (online)