Für das MDR-Medienkompetenzportal medien360g, bei dem ich bis 2023 gearbeitet habe, haben wir damals jährliche Bestandsaufnahmen zu Corona und den Medien gemacht. Schon deren Titel zeigen heute, wie da etwas ins Rutschen geriet: 2020 lautete die Überschrift „Medien im Krisenmodus“, 2021 „Krisenkommunikation, Kritik & Krawall“ und 2022 schließlich „Zwischen Mensch und Medien kriselt’s – Medien und Corona: Das sagt das Publikum!“.
Zum fünften Jahrestag ist die Pandemie jetzt wieder fast überall (Medien-)Thema. Deswegen lohnt es sich, ein paar Punkte festzuhalten: Die Medien haben Fehler gemacht. Aber sie haben nicht versagt. Anders als bei sonstigen Katastrophen waren hier die Journalistinnen und Journalisten nicht distanziert Beobachtende, sondern potenziell selbst betroffen. Wie alle anderen Menschen auch. Eine Doppelrolle, die eigentlich dazu führen müsste, sich journalistisch für befangen zu erklären – was aus naheliegenden Gründen aber nicht ging.
Dazu kamen Missverständnisse im Verhältnis von Wissenschaft, Journalismus und deren Arbeitsweisen. Eigentlich recherchieren beide, auch mit relativ ähnlichen Methoden. Aber mit anderen Zielen. „Sagen, was ist“ steht beim „Spiegel“ an der Wand. Journalismus vermittelt Fakten. Dass die sich täglich ändern, ist eigentlich nicht vorgesehen. Wissenschaft validiert und falsifiziert Erkenntnisse. Dass sich dabei täglich etwas ändert, ist normal und gewollt, weil nur so Wissen fortschreitet. Wissenschaft meint nicht, sondern äußert Hypothesen, die dann überprüft und entweder bestätigt oder verworfen werden. Das sieht beim Journalismus anders aus und führte langfristig bei manchen Teilen des Publikums dazu, dass aus Meinungen Fakten wurden.
Steffen Grimberg, turi2, 20.03.2025 (online)