Das iranische Regime schränkt die Freiheiten der eigenen Bevölkerung konsequent ein – auch die Medienfreiheit. Doch wie sieht die Lage der Medien im Land angesichts immer stärkerer geopolitischer sowie innenpolitischer Spannungen aus? Wie hat sich die Medienlandschaft seit den 90er Jahren verändert und wie kommt die Bevölkerung an Informationen? EJO spricht darüber mit Teseo La Marca. Der freie Reporter stammt aus Südtirol und berichtet vor allem aus Iran, Italien und Südosteuropa. Seine Berichte und Reportagen sind u.a. in der NZZ, taz, Fluter, Welt am Sonntag, GEO und Datum erschienen. […]
In der zweiten Hälfte der 1990er Jahre gab es also etwas mehr Freiheiten, und die reformorientierten Medien, die damals freier berichten konnten, hatten immens hohe Auflagen. Eine Zeitung wie Salam verkaufte damals täglich mehrere Hunderttausend Exemplare. Diese Zeitung wurde jedoch im Jahr 1999 geschlossen, was zeigt, wie fragil diese Freiheiten waren. Die Schließung führte vor allem unter Studenten zu großen Protesten, gegen die das Regime mit roher Gewalt vorging. Hunderte Studenten wurden festgenommen und einige kamen ums Leben. In der Folge wurden auch andere kritische Medien verboten und die Vorschriften für Journalisten wurden viel strenger.
Zu den bekannten reformorientierten Tageszeitungen gehören heute Hammihan und Shargh. Ihre Journalistinnen und Journalisten versuchen nach wie vor, so kritisch wie möglich zu berichten und gehen dabei oft an die Grenzen des Erlaubten. Im Gegensatz dazu gibt es auch Medien, die vollständig linientreu und praktisch Propagandaorgane des Regimes sind. […]
Interessanterweise ist die Pressefreiheit im Iran in der Verfassung als eines der wichtigsten Rechte der Iranerinnen und Iraner verankert. Dennoch gibt es viele zusätzliche Gesetze, die ebenfalls in der Verfassung festgehalten sind und diese Pressefreiheit wiederum einschränken. Dazu gehören beispielsweise Gesetze gegen die Bedrohung der nationalen Sicherheit, gegen das Beleidigen der Religion oder Gesetze gegen das Verbreiten von sogenannten Falschinformationen. Was als Falschinformation gilt, entscheiden letztendlich aber die staatlichen Behörden.
Teseo la Marca, ejo-online.eu, 01.08.2024 (online)