Zitiert: Medien und Macht in Frankreich

Er hat reihenweise Medienhäuser und Verlage (Vivendi, Editis, Prisma) aufgekauft und streckt die Finger nach dem wichtigen Privatsender Europe 1 und der Wochenzeitung Journal du dimanche aus. Er kürzt regelmäßig bei Personal und Budget, biedert sich (mit dem Nachrichtensender CNews) bei der extremen Rechten an und terrorisiert die Redakteure. Nicht zuletzt droht er Le Monde diplomatique, die seine Aktivitäten in Afrika untersucht, mit einer Klage. Wenn jemand den modernen Medienkapitalismus Frankreichs verkörpert, dann zuallererst er: Vincent Bolloré.

Es ist jedoch nicht die in der Presse reichlich dokumentierte Härte des bretonischen Milliardärs, die den deutlichsten Indikator dafür liefert, wie sich die journalistische Landschaft in den 2020er Jahren verändert.

Die neue Machtverteilung kann man weder den Infografiken über die Eigentumsverhältnisse noch der Liste der Anzeigenkunden entnehmen, sondern eher an dem Eifer messen, mit dem sich Chefredaktionen entschuldigen, sobald ein Artikel den Lesern missfällt.

Denn die neue Säule der Medienwirtschaft sind die Abonnentinnen und Abonnenten. Lange nur als fünftes Rad am Wagen wahrgenommen, trägt ihr wachsender Einfluss das Getöse und die Spaltung unserer Gesellschaften in die Redaktionen hinein. Vorerst betrifft dies nur eine Handvoll Titel, doch darin zeichnet sich eine grundlegende Veränderung ab.

Natürlich bestimmen die Besitzverhältnisse immer noch das Monopoly-Spiel um die Medien. Aber das kann diese Branche, die schon seit Langem der Logik des Markts unterworfen ist, kaum noch verunsichern. Und was die ökonomischen Zwänge anbelangt: Während wir immer mehr Zeit damit verbringen, auf unsere Bildschirme zu starren, um die Nachrichten zu lesen und zu diskutieren, werden diejenigen, die die Nachrichten produzieren, immer weniger.

In Frankreich ging die Zahl der Journalistinnen und Journalisten zwischen 2008 und 2019 mit 6 Prozent nur moderat zurück

Serge Halimi und Pierre Rimbert, monde-diplomatique.de, 11.03.2021 (online)

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Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
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Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)