Ich tue mich schwer mit diesem Thema. Nicht, weil ich gegen mehr Diversität in der Tech-Branche bin. Ganz im Gegenteil, jeder sollte unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe und Herkunft die Chance haben, in einem der bestbezahlten Bereiche der Wirtschaft zu arbeiten. Womit ich mich schwertue, sind Diskussionen, die suggerieren, dass mehr Diversität das Allheilmittel ist.
Die naive Hoffnung: Sobald mehr Minderheiten und Frauen in den Produkt- und Softwareteams sitzen, werden sich die Praktiken der Unternehmen automatisch zum Besseren wenden. So wirkt ein komplexes Problem einfach korrigierbar.
Aber was ist eigentlich das Problem? Es ist die Art und Weise, wie viele Technologieunternehmen Profite erwirtschaften, auf wessen Kosten sie das tun – und wie sie damit unserer Demokratie, der Umwelt und unserem Zusammenleben schaden. Überwachungskapitalismus, Datensammelwut, Polarisierung, Diskriminierung – die Liste der Probleme, die uns die Geschäftsmodelle bescheren, ist lang. Was, wenn in Zukunft zwar mehr Frauen, nicht-binäre Menschen und Minderheiten in den Technologieunternehmen repräsentiert sind, sich an den grundlegenden Problemen und Geschäftsmodellen aber wenig ändert? […]
Ein kaputtes System lässt sich nicht von innen heraus fixen. Vor allem dann nicht, wenn die Konzerne nur diverser einstellen, an ihren internen Machtstrukturen aber wenig verändern wollen. Wenn auf der Arbeitsebene Diversität abgebildet ist, in der Führungsebene und bei den Erfolgsmetriken – nämlich vorrangig Profite für Aktionäre zu erwirtschaften – nichts Neues entsteht.
Julia Kloiber, telepolis, 23.11.2022 (online)