Ich bezweifle, dass Plattformen wie Facebook die Menschen dazu bringen, etwas zu tun oder zu glauben, auch wenn das häufig behauptet wird. Sie können einen Nutzer nicht dazu zwingen, einen neuen Kühlschrank zu kaufen. Die Plattformen können aber sehr gut Menschen finden, die vielleicht einen Kühlschrank kaufen würden. Weil sie nämlich wissen, wer nach einem Kühlschrank gesucht hat oder auf die Werbeanzeigen geklickt hat. So ist das auch mit Verschwörungsmythen: In sozialen Netzwerken ist es leichter, Menschen zu finden, die an heterodoxe Ideen glauben. Und sind sie erst einmal gefunden, ist es leicht, sie über einen langen Zeitraum immer wieder mit entsprechenden Inhalten zu konfrontieren. Facebook bringt Menschen also nicht dazu, an Verschwörungstheorien zu glauben. Aber es sorgt dafür, dass solche Theorien jene Menschen erreichen, die dafür aus den zuvor genannten Gründen empfänglich sind.
Cory Doctorow, zeit.de, 23.05.2020 (online)