Das gesellschaftliche Gespräch über die Medienzukunft wird von einem überschaubaren Kreis von meist institutionell verankerten Expert*innen geführt: leitende Mitarbeiter*innen von Medienunternehmen, Vertreter kreativer Branchen, Kultur‑ und Medienpolitiker*innen, Mitglieder und Mitarbeiter*innen von Aufsichtsgremien der ö/r Anstalten. Hinzu kommen abzählbare Mengen akademischer Spezialisten aus dem Medienrecht, der Medienökonomie, der Medienwissenschaft sowie eine kleine Gruppe von Medienjournalisten. Die größte Teilmenge unter diesen gut eintausend Personen bilden die Gremienmitglieder, denen allerdings nicht durchweg Expertise oder auch nur Lust und Laune an der Auseinandersetzung mit der Zukunft der von ihnen beaufsichtigten Anstalten unterstellt werden kann. Die allgemeine Öffentlichkeit ist an der medienpolitischen Kommunikation notorisch nur dann interessiert, wenn es ums Geld, also die Höhe des Rundfunkbeitrags geht. Dass der Beitrag als Solidarleistung erhoben wird und nicht die tatsächliche Nutzung ö/r Medien, sondern nur ihre Bereitstellung für eine mögliche Nutzung finanziert, ist in der Öffentlichkeit jedoch bislang trotz etlicher Vermittlungsversuche nicht verankert. Es kann auch angenommen werden, dass diese Begründung bei einer Abstimmung keinen Anklang fände, sondern dass eine Reduktion nicht nur des Beitrags, sondern auch der Angebote mehrheitsfähig wäre.
Nicht nur dem allgemeinen Publikum, sondern auch den Experten ist oft unklar, an welcher Stelle des Verantwortungsgefüges, das die ö/r Medien umgibt, eigentlich die entscheidenden Drehungen erfolgen müssen, mit denen Veränderungen bewirkt werden können. Es könnte sich daher lohnen, zunächst einen Rück- oder Seitenblick auf Initiativen zu werfen, die Reformprozesse im Bereich der ö/r Medien in Gang setzen wollten.
Hermann Rotermund, daff.tv, 10.06.2024 (online)