Einmal angenommen, eine Softwarefirma entwickelt ein Computerprogramm, das anhand von Variablen wie Teilnehmerzahl, Aggressivität geobasierter Tweets und Lautstärke eine Wahrscheinlichkeit berechnet, mit der eine Demonstration in Gewalt umschlägt. Wenn eine Polizeibehörde diese Software einsetzt und auf Basis der Berechnung eine Demonstration untersagt – wäre diese computergestützte Prognose dann im rechtsstaatlichen Sinne gültig? Könnte man die Entscheidung der Software auf verwaltungsrechtlichem Wege anfechten? Und wenn der Computer einen erratischen Score errechnet – sind die Amtswalter dann weisungsgebunden? Das sind nur einige, rechtlich völlig unklare Fragen, die deutlich machen, wie der Programmcode die Verfahrensregeln des Rechtsstaats überschreibt.
Adrian Lobe, sueddeutsche.de, 18.12.2019 (online)