Zitiert: „Rückkehr des Gesinnungsjournalismus“

Der Tübinger Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen erkennt bei der „Schwäbischen Zeitung“ für Regionalzeitungen typische Muster. „Wir erleben einerseits die Rückkehr des Gesinnungsjournalismus und andererseits die Ökonomisierung einzelner Artikel. Regionalzeitungen bilden eine regionale Öffentlichkeit, sie sind im Verbund mit der Kommunalpolitik eine Schule der Demokratie. Beide sind nötig zum Erlernen von zivilem Streit und substanzhaltigen Auseinandersetzungen“, sagt Pörksen. „Mit der totalen Ökonomisierung und dem Gesinnungsjournalismus verabschiedet man sich vom Diskursideal einer Polis im Kleinen.“

Die Folge: Die Qualität der Regionalmedien lasse nach, die Leserschaft überaltere, die Auflagen gingen zurück, die Zustellung gelinge nicht und über Kommunalpolitik werde nicht mehr kontinuierlich berichtet. Über Fotos von Schecküberreichungen im Lokalteil könne man schmunzeln, aber sie vermittelten, dass in einer Kommune „gemeinschaftliches Denken“ praktiziert werde, das zu „gemeinschaftlicher Verantwortung“ führe. „Wenn der lokale und regionale Journalismus von Abonnenten nicht mehr nachgefragt ist und auch ökonomisch irrelevant wird, dann dauert es nicht lange, bis der öffentliche Raum verkümmert, das zivilgesellschaftliche Engagement nachlässt und mangels medialer Kontrolle die Korruption zunimmt“, sagt Pörksen. „Am Ende wird dann Journalismus von PR-Fachleuten und Populisten simuliert.“ Das Problem des Lokaljournalismus sei die Finanzierung. Es gebe kein Modell, das dessen Finanzierung sichere. Google, Meta und Amazon verfügten über die Hälfte der weltweiten Werbeeinnahmen. „Wenn jetzt einzelne Zeitungen oder Newsportale den Weg des Gesinnungsjournalismus gehen, ist das keine gute Nachricht für die Demokratie, weil es das Ende des demokratischen Diskursideals ist.“

Rüdiger Soldt, Benjamin Wagener, faz.net, 08.10.2024 (online)

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Zitat der Woche
Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
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Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)