Organisations-, Qualitäts- und Beitragsdebatte müssen endlich zusammengeführt werden. Deswegen ist es kein Zufall, wenn nach einem Konvent beim Bundespräsidenten, einer Expertenkommission oder nach einem im Losverfahren ausgewählten Publikumsrat gerufen wird. In diesen Rufen verbindet sich direkt-demokratisches Wunschdenken mit der Sehnsucht nach einem aufgeklärten Herrscher, der mithilfe einer Schar Weiser die Dinge richtet. Nun bedeutet eine solche Lösung nicht nur eine Kapitulationserklärung und ein Betätigungsverbot für alle bisher Verantwortlichen, sie bietet auch keinen realistischen Ausweg. Und außerdem gibt es ja bereits eine Kommission: die Rundfunkkommission der Länder. Hier sollen Staatssekretäre medienpolitische Vorarbeiten leisten, aber Medienpolitik darf kein Vorrecht für Staatssekretäre sein, sondern gehört jetzt in die Hände der Ministerpräsidenten, um politische Verantwortung erkennbar zu machen. Letzten Endes steht und fällt der gemeinnützige Rundfunk mit seinem gesetzlichen Auftrag. Denn aus diesem gesetzlichen Auftrag entspringen Organisation, Qualität und Beitragshöhe. Dass bedeutete natürlich nicht, der Politik die ganze Reformarbeit einfach zu überlassen. Die Öffentlichkeit erwarten zurecht Vorschläge. Kluge Intendantinnen und Intendanten können dabei vorangehen. Auch die Gremienvorsitzendenkonferenz (GVK) kann eine pro-aktive Rolle spielen. Eine große Plenarkonferenz aller Rundfunk- und Verwaltungsräte könnte dafür ebenso hilfreich sein wie die ständige Auseinandersetzung mit der Zukunft der Öffentlich-Rechtlichen im Programm der Öffentlich-Rechtlichen selbst. So ließe sich aus den Debattenroutinen ausbrechen. […]
Aus der Debattenroutine auszubrechen heißt, medienpolitische Weichenstellungen aus dem Arkanum staatlicher Spezialgremien herauszuführen. Die Rundfunkkommission kann einen solchen Prozess einleiten und begleiten, aber sie kann ihn nicht komplett steuern, und das Ergebnis steht nicht von vornherein fest. Weil ihr ein solcher Weg als zu riskant erscheint, legt sie sich lieber einen Zukunftsrat zu. Aber Medienpolitik darf nicht länger Nischenpolitik für Feinschmecker sein, dafür ist sie zu wichtig. Sie gehört auf die Tagesordnung der Parlamente, schon um allgemein sichtbar zu werden.
Karsten Rudolph, medienpolitik.net, 1.2.2023 (online)