Welchen Zugang zu Informationen wir wählen, ist eine Richtungsentscheidung mit nachhaltigen Folgen für die Demokratie. Edge, Chrome, Safari – oder alles in Apps? Das ist nicht nur eine Frage der persönlichen Vorlieben. Es mag einen Zeitpunkt gegeben haben, an dem das digitale Leben als „Bussibärli83“ und die Realität ziemlich unterschiedlich waren. Das Digitale und das Echte haben sich nicht nur angenähert, sie haben die Seiten getauscht. Heute ist das Digitale das Echte, hat längst überhandgenommen in so vielen Lebensbereichen.
Welche Informationen, welche Nachrichten, welche Wahrheiten wir zu sehen bekommen, hat sich in den vergangenen Jahren dramatisch geändert. Gab Google in den vergangenen zwei Jahrzehnten noch zehn oder mehr Suchergebnisse auf der ersten Seite an, so liefern KI-Chatbots wie ChatGPT Search oder Perplexity eine einzige Antwort. Diese Zuspitzung erleichtert in vielen Anwendungsfällen das Auffinden von Lösungen, der große Nachteil ist offensichtlich: Eine einzige Stelle erhält die Deutungshoheit. Eine Antwort erhält maximales Scheinwerferlicht, richtig oder falsch, 1 oder 0. Echt oder „fake“.
Diese Torwächter der Wahrheit leisten sich keinen demokratischen Diskurs. Sie haben keine transparenten Richtlinien, keine gesellschaftlichen Gremien, keine ethischen Verpflichtungen. Sie wollen keine Medien sein, sie wollen Fake News gar nicht enttarnen. Hauptsache, die Klickrate und das Engagement stimmen. In vielen Fällen handelt es sich um gar kein menschliches Ermessen. Die Entscheidungen werden üblicherweise von Algorithmen nach statistischen Wahrscheinlichkeiten getroffen. Für Radikalisierung, Verbreitung von Fake News, aber vor allem Eingriffe von Herrschenden sind Tür und Tor geöffnet.
Plattformen sind abgeschlossene Wirtschaftsplätze, die Regeln geben sich die Wirtschaftstreibenden in vielen Fällen selbst.
Gerold Riedmann, derstandard.at, 15.03.2025 (online)