Im Jahr 2022 kauften nach Zahlen der Gesellschaft für Konsumforschung nur noch 25,8 Millionen Menschen überhaupt Bücher. 2012 waren es noch 36,9 Millionen gewesen. Das Bücherpublikum wird vielfältiger und gleichzeitig kleiner, das ergibt in Summe: nischiger. […]
Die Zahl der Buchkäufer zwischen 16 und 29 Jahren sank zwischen 2017 und 2022 um 18 Prozent. Die Verbliebenen kauften 2022 aber 11,7 Titel pro Kopf im Vergleich zu 9,4 im Jahr 2017. Der Bücherstapel ist ein Fetisch der sozialen Medien, wo gerade die Jungen ihre Lesetipps beziehen, wie die Untersuchung ergab. Dort heiß gehandelt: „Young Adult Fiction“ oder auch „Romantasy“, in der sich etwa nach dem Modell der „Twilight“-Romane die schaurig-schönsten Genres mischen. Das erschließt dem Buchmarkt völlig neue Leserschichten. […]
Leserin und Lieblingsbuch kommen oft nicht mehr zusammen. Gerade für die sogenannte Midlist wird das gelegentlich beklagt, Belletristik, die in einer mittelgroßen Auflage von etwa 5000 bis 20.000 Exemplaren auf den Markt kommt. Das liegt an der beschriebenen Partikularisierung und der in Zeiten multipler globaler Krisen gesunkenen Geduld mit Neuem, nicht Naheliegendem bei einem Publikum, dessen Aufmerksamkeit von immer mehr Medienangeboten geflutet wird.
Die alte Vermittlerin, die Literaturkritik, bekommt in den klassischen Medien dagegen immer weniger Platz, klagt die Verlagsbranche. Pläne in der ARD, nicht mehr in jeder Kulturwelle eine Besprechung, sagen wir des neuen Kehlmann, zu bringen, sondern senderübergreifend ein und dieselbe zu benutzen, empört alle Gesprächspartner. (Paid)
Marie Schmidt, sueddeutsche.de, 12.01.2024 (online)