Man muss sich also klarmachen: Wenn Medien wie die „New York Times“ in der vergangenen Woche davor gewarnt haben, Donald Trump zu wählen und das damit begründet haben, dass er die Demokratie in Gefahr bringt, dann war das aus der anderen Perspektive so etwas wie eine Wahlempfehlung.
Aus dieser Perspektive bringt Donald Trump das System durch die Demontage von demokratischen Institutionen, zu denen auch Medien gehören, nicht an den Abgrund – im Gegenteil, er entkernt ein marodes System, das alles am Laufen hält und die gegenwärtige Situation erst verursacht hat. […]
So gesehen war Trumps Sieg die Abwahl eines verkrusteten und gut abgeschirmten Systems, in dem das Establishment es sich gemütlich gemacht hatte – zum Leidwesen der vielen Menschen, die von diesem System nicht profitiert haben oder es sich zumindest nicht so anfühlte. Und wenn dem Gefühl vieler Menschen nach das Wichtigste ist, dieses System einzureißen, dann ist ein als „weird“ erscheinender Verbrecher, der nicht im Verdacht steht, da irgendwie reinzupassen, vielleicht sogar genau der Richtige. […]
Medien bieten eine Plattform, um Hetze gegen sie selbst zu verstärken, weil der Hetzende durch seine Position das Privileg erworben hat, dass praktisch alles, was er sagt, einen Nachrichtenwert hat, ganz besonders das Drastische, Provokante, das teilweise Irre, das einzig den Zweck erfüllt, Menschen in irgendeiner Weise emotional zu erreichen.
Ralf Heimann, MDR Altpapier, 07.11.2024 (online)