Wenn der Westen jetzt Medien verbietet, sendet er eine widersprüchliche Botschaft. Daher haben ja auch Journalistenorganisationen wie Reporter ohne Grenzen die Entscheidung der EU kritisiert. … Von Desinformation sprechen wir in der Regel, wenn unwahre Informationen mit einer Schadensabsicht verbreitet werden. Beide Dimensionen sind aber sehr schwer zu messen und zu identifizieren. Daher ist es sehr problematisch, mit regulatorischen Maßnahmen bis hin zu einem Verbot dagegen vorzugehen. …
Umgekehrt muss es nicht schädlich sein, wenn westliche Bürger einen Blick auf die russischen Propagandamedien werfen können. Sie sehen dann, wie der Krieg in Russland verkauft wird. Auch für unsere Analyse der Situation ist es hilfreich, den Diskurs in Russland zu kennen. …
Die Verbotsentscheidung impliziert, dass diese Medien unglaublich gefährlich für den öffentlichen Diskurs im Westen sind, weil viele Bürger ihre Nachrichten konsumieren und ihren Desinformationen aufsitzen. …
Unsere Angst vor russischer Desinformation ist stark getrieben durch Erfahrungen in den Jahren 2015/2016 mit der Wahl Donald Trumps und dem Brexit. Studien zeigen aber, dass russische Desinformation im Westen kaum zu diesen Ereignissen beigetragen hat.
Christian Hoffmann, kress.de, 03.03.2022 (online)