„Heute lösen Fernsehfilme keine Skandale mehr aus. Selbstverständlich auch deshalb, weil vieles, was damals als sexuelle Darstellung, antiautoritäre Geste oder blasphemischer Moment provozierte, mittlerweile gesellschaftlich akzeptiert ist.
Es legt aber auch daran, dass man in Fernsehfilmen nicht mehr provozieren will. Stattdessen sendet man das, was alle erwarten und lieben (sollen). So fehlt in Zukunft das, was heute provoziert, aber morgen gemocht und vor allem erinnert wird. …
Zugespitzt und zusammengefasst heißt das: Heute dominiert über weite Teile im deutschen Fernsehfilm ein mittlerer Realismus, der Träume wie Alpträume an dem Krimi delegiert, der das Soziale zugunsten des Psychischen preisgegeben hat und deshalb statt mit soziologischem Material mit pädagogischen und psychologischen Versatzstücken hantiert, der die Gesellschaft auf die Restfamilie eingeschrumpft hat und so gewissermaßen im Stau des Alltags hängengeblieben ist.“
Dieter Leder, Medienkorrespondenz 24/2016 (nicht online)