„Solange das Kika-Angebot nicht aus dem Rahmen fällt, interessiert sich, salopp formuliert, von den Erwachsenen kein Schwein dafür. Entscheidender ist aber ein zweiter Grund: Das Kinderfernsehen findet nur noch in „Ghettos“ statt. Als die kommerziellen Sender in den neunziger Jahren zunehmend Erfolg hatten, wurde das Kinderfernsehen in den öffentlich-rechtlichen Hauptprogrammen immer mehr zum Störfaktor, denn es unterbrach am Nachmittag den gleichmäßigen Quotenfluss. Deshalb wurde es zunächst an den Wochenendvormittagen konzentriert und schließlich komplett zum Kinderkanal ausgelagert. Anderen vermeintlichen Minderheitsangeboten ging es ganz genauso. Für das Kinderprogramm hatte diese Aussortierung aber besondere Folgen, denn es geriet komplett außer Sichtweite, und das gilt nicht nur für Fernsehkritiker und Medienpädagogen, sondern auch für die Aufsichtsgremien. Anders ist der Skandal beim Kika mit der Veruntreuung mehrerer Millionen Euro meiner Ansicht nach nicht zu erklären. Ein weiterer Aspekt aber ist womöglich für die mangelnde Beachtung in der Öffentlichkeit noch wichtiger: Kinderprogramm ist seither kein Familienprogramm mehr. Die Erwachsenen begegnen den Sendungen überhaupt nicht mehr, denn in den Hauptprogrammen gibt es Kinderfernsehen nur noch samstags und sonntags in der Frühe, wenn die Eltern noch im Bett sind.“
(Josef Göhlen, Medienkorrespondenz 25/2016, S.8 online)