Ich habe gemerkt, alle meckern über die Öffentlich-Rechtlichen, aber es gibt großes Unwissen darüber, wie Entscheidungen entstehen. Es sollte eigentlich ein Erklärbuch werden, aber beim Schreiben ist mir aufgefallen, wieviele Auseinandersetzungen es innerhalb der Redaktion gibt, was alles schiefläuft, und bei Gesprächen habe ich gemerkt, dass das der spannendere Teil ist. […]
Ja, es ist so, dass intern alle schimpfen. Alle, die dort arbeiten, wissen, wovon ich rede. Aber sie tragen es nicht in die Öffentlichkeit. Das hat auch damit zu tun, dass man ständig von außen angegriffen wird, wenn man bei der „Tagesschau“ arbeitet. Da bildet sich so eine Wagenburgmentalität heraus. Die hat sich auch auf mich übertragen. Ich habe die „Tagesschau“ lange verteidigt, vor allem gegenüber meinem Vater. Einiges von meiner ersten Fassung steht noch im Buch. […]
Alle sind eingenommen von ihrer Bedeutung. Es ist eine Ehre, für die „Tagesschau“ zu arbeiten, dabei ist es ein Job wie jeder andere auch. Es wird ihnen auch eingeredet, wie wichtig sie sind, wie sie die Meinungsbildung beeinflussen. Sie haben Geld und ideale Arbeitsbedingungen, sind unkündbar, abgesehen von den Redakteuren mit den Kettenverträgen, wie ich einen hatte. Trotzdem schimpfen alle. Es gibt Leute, die am Tag zwei Meldungen schreiben und trotzdem unzufrieden sind. […]
Beim MDR gehen viele regelmäßig raus aus der Redaktion und wissen, wie die Leute ticken. Bei der „Tagesschau“ fährt man mit dem Auto auf den Parkplatz, geht in die Redaktion, fährt wieder nach Hause. Alles, was draußen passiert, erfährt man über die Medien. Die Wahrscheinlichkeit, mit jemandem befreundet zu sein, dem es schlecht geht, ist relativ gering. Das ist natürlich ein generelles Journalistenphänomen. Vor allem in Hamburg.
Alexander Teske, berliner-zeitung.de, 17.01.2025 (online)