Zitiert: Warum JournalistInnen zumeist Parteigänger der Macht sind

Die Presse lügt nicht – es ist viel schlimmer. Die meisten JournalistInnen glauben was sie schreiben. ihre Wahrheiten entstehen auf subtile Weise. […]

Die Politik bestimmt damit, was «real» ist, setzt in diesem Rahmen die Ziele der Politik und gibt dann die Debatte frei über die Frage, mit welchen Instrumenten diese Ziele erreicht werden können. Braucht man eher strengere Asylgesetze oder eher die Bekämpfung der SchlepperInnen, um die «Migrantenflut» einzudämmen? Helfen gegen Russland eher Wirtschaftssanktionen oder eher Waffen für die Ukraine? Nützen dem Wirtschaftswachstum eher höhere oder niedrigere Löhne?

Auch im Bereich der Außenpolitik ist der Rahmen vorgegeben: das Recht der eigenen Nation auf Erfolg. PolitikerInnen versuchen, das Interesse ihres jeweiligen Landes in der globalen Konkurrenz durchzusetzen. Darüber werden auch JournalistInnen, die sich in das imaginierte, nationale «Wir» eingemeinden, zu ParteigängerInnen der nationalen Interessen. «Journalisten (nehmen) oftmals wegen ihrer eigenen patriotischen Einstellungen und Meinungen die Realität nur einseitig wahr», so eine Broschüre der Bundeszentrale für politische Bildung zum Thema «Kriegspropaganda».

In Kriegszeiten orientierten sich Medienmacher bei ihrer Berichterstattung teilweise an offiziellen Regierungsquellen: «Die Position der Regierung wird übernommen, nur selten wird über Kriegsgegner berichtet. Die durch die Regierung geprägte kriegsbefürwortende nationale Einstimmigkeit wird auf diese Weise sogar noch verstärkt.» Dass Deutschland eine «weltpolitische Rolle» spielen muss, davon gehen alle JournalistInnen aus. Da im Bereich der globalen Politik und Ökonomie Interessengegensätze zwischen den Staaten herrschen – Stichwort «internationale Arena» – zieht die Parteinahme für die eigene Nation stets die Gegnerschaft zu anderen Ländern nach sich. Zu Lasten der Objektivität der Berichterstattung.

Daneben gibt es zwar auch «kleinere» Ursachen für den Tendenzjournalismus, etwa Zeitmangel oder die harte Konkurrenz der Redaktionen um InterviewpartnerInnen und Exklusivinformationen. Doch sind dies nur Faktoren, die das Strukturproblem verstärken: JournalistInnen sind erstens ParteigängerInnen der Macht. Und zweitens PatriotInnen.

Sabine Nuss, Wim Zimmer: Parteigänger der Macht. 8.8.2015 (online)

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Zitat der Woche
Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
Out of Space
Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)