Zitiert: Was die ARD-Intendanten missverstehen

Auf so eine Strategie muss man erst einmal verfallen: Die ARD-Sender riskieren, das Stammpublikum ihrer Kulturangebote zu verprellen, in der Hoffnung auf neue Hörer, die bitte hoffentlich jünger und unbedingt auch zahlreicher sind. Das wird schon aus demografischen Gründen schwierig. Es grassieren vor allem aber zwei schwerwiegende Missverständnisse.

Das eine ist die Fehlinterpretation des öffentlich-rechtlichen Auftrags, allen etwas bieten zu müssen. Damit ist nicht gemeint, alle Menschen mit Kulturberichterstattung erreichen zu müssen. Sportredaktionen konzipieren aus gutem Grund keine Sendungen für Hörer, denen Fußball ziemlich egal ist. Warum aber gibt es einen Literatur-Podcast für Nichtleser?

Gerade indem die Öffentlich-Rechtlichen ihre Kulturberichterstattung so umgestalten, dass sie damit vor allem die nur punktuell Interessierten erreichen wollen, missachten sie ihren Auftrag, allen etwas anzubieten: Dann fallen nämlich jene vier bis sechs Prozent des Publikums, die an einer nicht bloß affirmativen, sondern substanziellen Auseinandersetzung mit Kultur interessiert sind, künftig durchs Raster.

Die zweite falsche Annahme ist, dass man jüngere Hörer lediglich mit irgendwie zappeligeren, oberflächlicheren Angeboten gewinnt. Ziemlich sicher interessieren sich 30-jährige Kulturfans – und die gibt es – tendenziell für andere Romane, Theater-Ästhetiken, Popsongs, Ausstellungen und Filme als 60-Jährige. Aber ihre Ansprüche an das Diskursniveau sind deshalb keineswegs geringer.

Stephan Fischer, sueddeutsche.de, 18.10.2023 (online)

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Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
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Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)