Zitiert: Wer um Verzeihung bittet, will meistens nur Ruhe

Merkel, Spahn, Laschet – sie alle tun es: Sie bitten um Verzeihung. Was hat die auffällige Konjunktur des Verzeihens mit Wutausbrüchen und Ekelattacken zu tun? …. Beim Gebrauch von derlei Demutsgesten wird jedoch unterschlagen, dass das Wort Verzeihung in einem ursprünglichen Zusammenhang mit dem Zeihen steht. Es stammt aus dem Althochdeutschen und kennzeichnet den Vorgang der Bezichtigung und Beschuldigung. Die heutige Bedeutung des Wortes Verzeihung entstand im 15. Jahrhundert aus der rechtssprachlichen Verwendung, der zufolge auf einen Anspruch auf Wiedergutmachung verzichtet wurde. In der Bitte um Verzeihung wird um die Unterlassung von Vergeltung gebeten, die nicht selten tödlich endete oder zumindest die existenzielle Vernichtung zur Folge hatte.

Wer sich wortreich bedankt oder um Verzeihung bittet, baut darauf, danach wieder quitt zu sein. In der gegenwärtigen Gefühlskultur deutet einiges darauf hin, dass der auffällige Durchbruch von Affekten in dem Maße zum Zuge kommt, wie die Begleichung einer Schuld zur rhetorischen Floskel verkommen ist.

Harry Nutt, Berliner Zeitung, 04.01.2021 (online)

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Zitat der Woche
Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
Out of Space
Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)