In dem Spielfilm „She said“ über den #Metoo-Skandal vom Ende letzten Jahres lässt sich verstehen, wie hart diese Arbeit ist – Leute zum Reden zu bringen. […]
Denn Whistleblower sind großem Druck ausgesetzt. Wer für Mächtige unangenehme Informationen preisgibt, kann nicht mit Liebe und Bewunderung rechnen. Das bekannteste jüngere Beispiel ist Edward Snowden, der 2013 die NSA-Affäre auslöste. [….]
Whistleblower haben immer eigene Interessen. Und in den meisten Fällen sind das andere als bei Edward Snowden – eben Rache, Neid und Missgunst. Die Herausforderung für den investigativen Journalismus besteht also in der nüchternen Abwägung – ist das zugespielte Material von herausragendem Interesse und größerer Bedeutung als die persönlichen, womöglich niederen Motive des Whistleblowers?
Den Watergate-Skandal, eine der legendärsten Enthüllungsgeschichten, hätte es ohne diese Abwägung nicht gegeben. Denn als die entscheidende Quelle, die Jahrzehnte lang durch Anonymität geschützt war, stellte sich 2005 ein FBI-Mitarbeiter heraus – der bei einer Beförderung übergangen worden war.
Matthias Dell, mediasres, 19.4.2023 (online)