Schreiben ist eine Tätigkeit, die man eigentlich nur in der konkreten Praxis wirklich lernen kann, am besten unter der Anleitung erfahrener Autor:innen, die ein Interesse daran haben, neue Talente zu entdecken und zu fördern. Je mehr Orte, an denen das stattfindet, zerstört werden, desto mehr verschwindet die Praxis des Kulturjournalismus aus dem öffentlichen Leben. Mit jedem Medium, das untergeht, mit jedem Format, das eingestampft wird, schwinden nicht nur die an sich schon knappen finanziellen Ressourcen, die das öffentliche Nachdenken über Kunst und Kultur möglich machen. Es werden dadurch auch Schulen des Schreibens geschlossen – Bildungsstätten der ästhetischen Erziehung. […]
Es ist ein trauriges Schauspiel, dass sich liberale Überflussgesellschaften dazu entscheiden, auf das ernsthafte öffentliche Nachdenken über Kunst und Kultur zu verzichten. Wenn die Zerstörung der Medien, wo geistreich und mit intellektuellem Anspruch über Bücher, Musik, Kunst, Serien, Film, Theater geschrieben wird, in diesem Tempo weitergeht, wird Kulturjournalismus in wenigen Jahren wieder ein reines Privileg einer Elite von Amateuren sein. Mit jedem kulturjournalistischen Medium, das kaputt gemacht wird, verschwindet auch eine soziale Infrastruktur des Austauschs. Dieser Austausch über ästhetische Erfahrungen, von denen wir irritiert oder hingerissen sind, ist eine wichtige gesellschaftliche Institution und es wäre jetzt der Moment, sich der Zerstörung dieser Institution entgegenzustellen.
Johannes Franzen, 54books.de, 01.02.2024 (online)
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