Wie kann man Kontrolle ausüben, wenn man nur die Sicht der Geschäftsführung kennt? Den Kontakt zum Redaktionsausschuss, der die Interessen der Redaktionen im Sender vertritt, habe ich erst am Schluss bekommen, beim letzten großen Skandal, der „Causa“, wie die Berichterstattung über den Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar und die Belästigungsvorwürfe gegen ihn intern heißt. Dabei wäre es wichtig, Kontakt zu anderen Gremien zu haben, zum Redaktionsausschuss, zum Verwaltungsrat. Aber aus Sicht der Geschäftsführung standen solche Verbindungen unter Verdacht – bloß keine Überschneidungen, Wahrung der Zuständigkeiten. Das ist nicht immer sinnvoll. Jetzt ist wohl ein gemeinsamer Workshop mit dem Verwaltungsrat geplant, das ist schon mal gut. Es ist wichtig, dass man erfährt, was in den Redaktionen los ist. Ich würde immer empfehlen, diesen Kontakt zu suchen und zu pflegen. Mein Eindruck ist, dass die Kontrollgremien selbst die ganze Zeit kontrolliert werden müssen von der Intendanz. Am Ende stand die große Enttäuschung der Intendanz, dass wir ihr nicht einfach vertraut haben. […]
Es gibt vonseiten der Intendanz so ein Verständnis, dass man eine Show macht im Rundfunkrat: Alles ist wunderbar und toll, hier und da mal ein Problem, aber im Grunde hat man alles im Griff, und wir sollen jetzt mal applaudieren. Das hat nichts mit der Person Ulrike Demmer zu tun, das scheint mir eingeschrieben zu sein in dieses System. Ich fand es zwar spannend, die Diskussion zu erleben. Aber insgesamt war das zu wenig konfrontativ, zu diplomatisch und freundlich. […]
Es entstehen ständig Widersprüche zwischen dem, was inoffiziell zu einem durchdringt, und dem, was wir offiziell erfahren. Hier wurden arbeitsrechtliche Gründe genannt. Dass der RBB Schaden nähme, weil wir, das ist die ständige Unterstellung durch die Geschäftsführung, Sachen durchstechen würden. Als ehemalige Vizepräsidentin der Akademie der Künste weiß ich, dass arbeitsrechtliche Sachen Sorgfalt erfordern. Aber die große Frage ist dann, wie ein Kontrollgremium funktionieren soll, das mehr ist als ein Abnick-Verein. Viele Sachen in der „Causa“ habe ich aus dem „Business Insider“ oder der „Berliner Zeitung“ erfahren und nicht über meine Geschäftsführung.
Kathrin Röggla, faz.net, 13.04.2025 (online)