Inhalt und künstlerische Mittel – eben jene Reduzierung aufs Akustische – in Deckung zu bringen, hat die ganze Angelegenheit damals überhaupt erst gerechtfertigt. Denn, das waren die Argumente der Bedenkenträger, warum sollte man sich etwas nur anhören, das man auch ansehen kann, auf einer Bühne oder im Kino? […]
Richard Hughes, der Autor von A Comedy of Danger, hat vielmehr bereits ganz zu Beginn das Wesentliche verstanden: Das Hörspiel wählt seine Gegenstände am besten so, dass diese Gattung für diesen Stoff die denkbar geeignetste ist.
Das hat das Hörspiel fortan immer stark gemacht: Wenn es nicht zum Wurmfortsatz und Zweitverwerter der Literatur wird, wenn es nicht inszeniert, was auf einer Theaterbühne viel anschaulicher funktioniert. Sondern sich darauf besinnt, was es ist: eine nicht literarische, sondern elektro-akustische Kunstform, die erst durch die Montage entsteht und damit dramaturgisch alle Möglichkeiten, alle Freiheiten gewinnt. In der Sprache nicht zwingend das wichtigste Ausdrucksmittel ist. Die viel leichter als der Film sehr konkrete und realistische ebenso wie fantastische, transzendente und innerliche Räume und Orte erschaffen kann. Eine Kunstform, die an die Urform des Geschichtenerzählens anknüpft, die mündliche Überlieferung. [….]
Über die Jahre haben sich Genres ausgebildet und Stile, es hat immer wieder Neuerungsbewegungen gegeben, so das Neue Hörspiel in den Sechziger- und das Pop-Hörspiel in den späten Achtzigerjahren. […]
Bei aller Wertschätzung der Autoren, Regisseurinnen, Tontechniker und Dramaturginnen: Alles wäre nichts ohne die Schauspielerinnen und Schauspieler. Das Hörspiel versteht es bis heute, die besten für sich zu gewinnen und zu begeistern. Der Reiz für sie, unter anderem: Sie können Figuren spielen, für die sie im Kino, Fernsehen und Theater niemals besetzt würden. Ihre Stimmen sind es, die sich in den Köpfen des Publikums einnisten und dort für die Dauer eines Hörspiels die Kontrolle übernehmen.
Stefan Fischer, sueddeutsche.de, 19.01.2024 (online)